Früh breche ich auf. Ich habe zwar gar keinen Zeitplan, aber irgendwie denke ich, dass ich noch gar nicht weit gekommen bin. Und ich wollte doch – mit genügend Abstechern ins Landesinnere – einmal die Insel umrunden. Auf unspektakulärer Straße fahre ich nun gen Süden. Unspektakulär für sardische Verhältnisse wohlgemerkt, anderswo wäre das schon ein Highlight.

durch schönste Granitformen fährt man

Immer wieder runde Felsen, grüne Macchie und glitzernd blaues Meer. Leider sieht man das gar nicht allzuoft.
Da haben die Investoren aber schon einen schönen Landstrich ausgesucht, als sie die Costa Smeralda in den 60er kauften. Nur wie viel davon? Müsste man mal nachschauen. Denn es sieht hier gar nicht sooo anders aus, als an den anderen Küstenabschnitten. Okay, die Villen sind wahrscheinlich gut versteckt, aber ich habe mir architektonisch mehr versprochen.

Costa Smeralda

Das Zentrum der Costa soll Porto Cervo sein. Da kurve ich nun hin. Und bin schwer enttäuscht. Ich weiß zwar nicht genau was ich erwartet habe, vielleicht so ein bisschen wie Port Grimaud (LINK) oder der Hafen wie Monaco (LINK) oder wenigstens Bonifacio. Okay, es ist Nebensaison, der Hafen ist groß und ziemlich leer. Vielleicht kommen die Yachten noch in der Hauptsaison?

kleine Pause

Ich halte noch nicht mal lange an und düse gleich weiter auf die Schnellstraße nach Olbia. Doch da fahre ich natürlich westlich drumherum und dann wieder in die Berge. Kurvenreich und grün schlängelt sich die Straße immer höher, bis ich schlussendlich hinter Monti auf einer gut behüteten Aussicht lande.

nächste Pause

ganz wohlbehütet

Wieder auf der SS389 biege ich schon bald wieder ab. Sanctuario di Santo Paulo hört sich doch vielversprechend an. Kurve um Kurve tuckere ich durch Kork- und Steineichenwälder und vorbei an weiten Macchiaflächen. Die Straße ist zweispurig ausgebaut, typisch für Sardinien. Da am Ende aber nur ein paar Häuser warten, wächst sie von den Rändern her wieder langsam zu. Ab und zu geht was ab, aber eben war das Ding noch ausgeschildert, also wenn kein Schild, dann im Zweifel geradeaus.

hier ists wohl nicht

Dann werden aus zwei Spuren ganz schnell eine und ich stehe mitten im Nirgendwo vor ein paar Ställen. Nunja, bin ich wohl doch dran vorbeigefahren. Nur 100m davor war ja so ne Art Riesenparkplatz. Da ist das Heiligtum dann auch, nur etwas schlecht sichtbar von der Straße und überhaupt sieht es gar nicht richtig wie eine Wallfahrtsstätte aus.

aber hier

Leider gibt es auf Sardinien ja nur ganz wenig Hinweistafeln. Hier natürlich auch nicht, und so habe ich keine Infos. Sieht aber ziemlich alt aus, ziemlich romanisch um genau zu sein. Und ist sogar offen! Schaue ich doch gleich mal rein!

romanischer KLosterbau im Nirgendwo

Aber eigentlich noch toller ist der Platz davor. Er strahlt eine faszinierende Ruhe aus. Zum einen durch die steinerne Schlichtheit mit ein paar Blumen dazwischen, zum anderen weil es hier wirklich fast absolut ruhig ist. Ich bin der einzige Mensch weit und breit und außer dem Plätschern des Brunnens und ein paar Vögeln ist nichts zu hören. Rein gar nichts.
Die hübschen grünen Eidechsen, die hin und her huschen machen, natürlich kein Geräusch. Sind aber so flink und scheu, dass ich sie leider nicht aufs Foto kriege. An besagtem Brunnen fülle ich mal wieder alle Flaschen auf, und weiter gehts.
Ab jetzt bike ich stetig abwärts und nach hundert Kurven erreiche ich hinter Posada den Strand. Ich erinnere mich, hier hatten wir damals die tausend Schnecken am Auto. Lieber nicht anhalten!

immer wieder schönste Ortsdurchfahrten

Natürlich halte ich doch an, allerdings ein paar Kilometer weiter südlich. Man will ja was Neues sehen. Obwohl es mir irgendwie bekannt vorkommt. Egal. Heller, weißer Sand, blaues Meer, ein lichter Kiefernwald, sieht doch überall gleich schön aus hier. Am Strand ist außer einem einsamen Kitesurfer nix los.

Pause – unter diesem Baum sitze ich

Mir ist da allerdings zuviel Sand und zuviel Wind und so ziehe ich mich in den Kiefernwald zurück und mache dort eine verdiente Siesta.

und schaue über diesen Strand – gigantisch

Jetzt bin ich wieder fit, um die tausend genialen Kurven des Monta Albo in Angriff zunehmen. Eine tolle Straße mit tollen Ausblicken. Da kann ich mich von damals auch noch ganz gut dran erinnern.
Es ist wie fast überall hier in den Bergen kaum Verkehr. Also wirklich ein Genuss, aber das Wandern hier oben war auch schön, auf dem Moped ist man doch recht passiv.

wieder nach oben – schönste Straße durch den Kalk

Kalkstein soweit das Auge reicht. Dazu riecht die Botanik wunderbar nach Mittelmeerkräutern. Die Sonne scheint, alles wunderbar!
Und schon wieder kann man zu einem Sanctuarium abbiegen. Mache ich. Ich biege um ein paar Kurven und da liegt leuchtend Weiss diesmal die Abtei des Hl. Franziskus vor mir. Hier parken schon davor Autos, es steht ein Verkaufsstand da und ein Bierpavillon. Was denn hier los?

nächstes Kloster

Zum Glück bin ich schlau genug und parke oben beim Bierstand. Eigentlich wäre ich gleich reingefahren. Doch da wäre ich erstmal durch ne Alle von Ständen gebrettert um dann vor der offenen Kirchentür zu halten. Drin ist nämlich Messe und die Leute stehen bis draußen.

diesmal mit Auflauf

Also Peinlichkeit zum Glück erspart geblieben. Aber ich merke ich mag mehr die Einsamkeiten als diesen Trubel.
So verzichte ich darauf Devotionalien zu kaufen, steige wieder auf und fahre ab. Doch die Heiligkeiten scheinen mich heute nicht loszulassen. Denn nur wenig später brause ich den Monte Ortobene nahe Nuoro hoch. Hier findet sich zum einen eine schöne Aussicht – si claro. Zum anderen auch der Redentore.

nächster Berg – nächste schöne Aussicht

Ich stelle mir irgendwie so was Rio-mäßiges vor, tja, Überraschung. Doch erst mal muss ich den finden. Auf der Aussichtsrunde ist er nicht – man muss in den Wald abbiegen. Und bei den zwei Andenken-Vans, da muss es sein.
Der eine Verkäufer kommt gleich rüber, um mein Moped zu bewundern. Gibts doch gar nicht, das ist jetzt schon der dritte auf der vier Tage dauernden Reise, da ist mir in x Jahren Africa Twin nicht passiert. Doch er kann kein English, ich kann kein Italienisch, so gerät die ‚Unterhaltung‘ schnell ins Stocken.

durch den Park gehts zum

Also gut, wenigstens ist mein Moped nun gut behütet und ich laufe zum Erlöser. Einen parkähnlichen Wald durchquere ich, mit Bänken und Brunnen, wie es hier so üblich ist. Ich hab mich aber natürlich wieder null erkundigt, wie weit es ist.
Doch es ist es gar weit, nach weniger als 200m bin ich schon da. Ein paar Treppen nach oben und ich stehe vor dem – ähem – Redentore, der Erlöserstatue.

Redentore – nunja

Sie hat nur leider gar nichts von der Würde der Skulptur auf dem Zuckerhut sondern ist ne Kreuzung aus Bacchus und Apollo oder so ähnlich. Naja, wenigstens ist sie so klein, dass sie auf ein Foto passt..

Jetzt reichts mir aber mit Erlösern für heute. Es wird Zeit für einen Camping. Nuoro ist ja ziemlich groß – hat aber keinen! Gibts doch gar nicht. Archie (Meine App) sagt, der nächste ist in Cala Gonone. Ah, da war ich noch nie, haben wir damals wohl ausgelassen, also gut. Und ne halbe Stunde schaffe ich doch locker, obwohl ich richtig Hunger habe und meine Laune langsam sinkt. Schnell gehe ich noch was einkaufen und will genauso schnell zur Küste.
Doch leider habe ich nicht mit den sardischen mal wieder extrem weit vorher angekündigten Straßensperrungen gerechnet. Irgendwann steht so ein kleines Schild an der Straße, in 7km ist irgendwas gesperrt – oder so. Nagut, wird ja wohl ne Umleitung geben.
Gibts nicht, es ist eine Brücke und weit und breit gibts keine weitere. Ich darf alles wieder zurückfahren und noch mehr. Aus ne halben Stunde wird so fast ne Stunde und mit dem Magen in den Kniekehlen laufe ich endlich unten am Meer in den Camping ein. Dabei war die Strecke durchaus schön, an den Kalkwänden vorbei und kurz vor Cala Gonone mit Tunnel auch mal mitten hindurch.

das Zelt steht – Camping Cala Gonone

Jetzt hatte ich ja schon eingekauft, also ich esse ich auch – kalt. Dass es hier soviele Restaurants gibt, konnte ja keiner wissen. Der Ort entpuppt sich bei meinem Abendspaziergang nämlich als durchaus hübsch.

Cala Gonone ist recht hübsch

Immerhin für ein leckeres Eis habe ich noch Platz.

doch noch ist wenig los