Hundert schöne Kurven durchs Gebirge. Ich wiederhole mich, doch auch heute fahre ich wieder traumhaft schöne Strecken. Erst die nördliche Zufahrt aus dem Becken von Cala Gonone heraus. Herrliche Blicke über die Küste und ein toller Kalkpass erwarten mich hier.
Dann immer höher schraubend ins Banditendorf Orgosolo – oder Widerstandsdorf, je nach Lesart.
Hier waren wir schonmal. Doch ich muss sagen, die Wahrzeichen des Dorfes, die Murales haben deutlich zugenommen.
Murales sind Wandmalereien, die wohl in den 60ern angelegt wurden, um damit ein politisches Zeichen zu setzen. Sie haben entsprechend auch Aussagen, Antikrieg usw.
Diese haben wir damals gesucht und auch ein paar gefunden, hier und da. Doch jetzt schlendere ich durch den Ort und faktisch an jeder dritten Mauern prangen Bilder, mal mit mehr und mal mit weniger Aussage. Da scheinen einige hinzugekommen zu sein. Bei einigen ists klar, da steht ganz klar 2016 drunter.
Na wie dem auch sei, dem Ort hats wohl gut getan, hatte ich ihn als tristes, etwas heruntergekommenes Bergdorf in Erinnerung, so zeigt sich jetzt zumindest die Hauptstraße schön herausgeputzt. Muss ich mir unbedingt mal die alten Fotos anschauen.
Und ein sehr leckeres Eis findet sich auch noch, toll.
Bin ich heute Morgen hundert Kurven gefahren, so folgen jetzt tausend. Schier endlos schlängelt sich die Straße durch das Gebirge. Dieses ist hier allerdings weniger spektakulär und erinnert etwas – an den Schwarzwald. Und ist auch auf der Höhe noch nichtmal richtig grün, auf über tausend Metern ist hier die Vegetation deutlich doch hinter unserer zurück.
In meinem Reiseführer wird ein Offroadabstecher (S2d, MDMot) angepriesen als landschaftlich wunderbar. Dann gehe ich das mal an, das Wetter ist zwar nicht besonders, aber wenigstens trocken. Also kurve ich hinter Gadoni in ein noch kleineres Strässchen ein. Bald wird diese zu Schotter und führt nun stetig bergan durch einsame Berglandschaft. Schöne Ausblicke rechts und links, doch ich bin ziemlich auf den Weg konzentriert. Teils sind kleine Abschnitte sogar gepflastert.
Nach kurzer Zeit habe ich das Ziel erreicht, der Picknickplatz – natürlich mit Quelle – unterhalb des Monte Perdedu.
Wunderschön hier, wenn nur der blöde Wind nicht wäre. Der weht heftig und eisig kalt. 8.5° ist es hier oben – brrr, wollte ich nicht Sommerurlaub machen?
So halte ich mich an der wirklich schönen Quelle mit uraltem Olivenbaum nur kurz auf und esse schnell was Kleines. Damit mir warm wird, besteige ich den den Gipfel des Monte Perdedu.
Gesagt, getan, irgendwie komme ich in der schweren Kluft etwas außer Atem. Oben weht es natürlich noch mehr und die eigentlich grandiose Aussicht ist durch die tiefhängenden Wolken extrem eingeschränkt. Schade, steige ich halt wieder ab.
Auf der Wiede standen ja Kühe, hatte ich bemerkt. Zu denen gehören aber auch Kälber und ein ziemlich fit aussehender, riesiger Bulle, was ich jetzt erst bemerke. Der hat mir jetzt den Weg abgeschnitten und beäugt mich kritisch. Mann, jetzt fahre ich todesmutig Pisten und dann werde ich von einem kälberbeschützenden Stier erledigt. Das wollen wir doch nicht. Also mache ich einen großen Bogen um das Vieh. Und der lässt mich keinen Moment aus den Augen. Aus dem Weg geht er schon gar nicht.
Nun führt mich die Piste abwärts. Und falls mir bis dato noch nicht warm war, jetzt wirds mir. Vor Angstschweiß. Es geht recht steil runter. Der Weg ist mit Auswaschungen und ziemlich groben Gestein garniert und vor allem ist es nass. Ich taste mich im Standgas nach unten – alles geht gut. Na immerhin, eigentlich wollte ich doch ganz sanft anfangen…
Wieder auf Teer wirken 80 kmh nach ner Stunde Schotter schon wie wahnsinnige Geschwindigkeit. Interessant wie schnell sich die Wahrnehmung doch verschiebt. Für die Locals natürlich nicht, die heizen locker an mir vorbei – dabei ist hier 50!
Auch runter in die Küstenebene haben meine Roadbookautoren eine schöne Strecke. Endlose Kurven auf einer wirklich Ministraße, immer die Küste im Blick. Dort hängen noch mehr Wolken. Doch als ich sie durchstoße, lösen sie sich auf!
Unten fahre ich dann in der Sonne Arbatax entgegen.
Ich suche die berühmten roten Felsen, die kenne ich nämlich noch nicht. Nunja, ohne Google Maps hätte ich sie gar nicht gefunden, so übersichtlich sind sie. Und dazu noch am Ende eines hässlichen Parkplatzes.
Aber die Farbe ist schön, und fürs Foto lässt sich sogar noch ne Möwe darauf nieder. Gut, doch es ist Zeit den Camping aufzusuchen.
Der liegt am anderen Ende, und ist etwas beengt. Und wenn treffe ich da? Den Ducatifahrer von der Fähre! Mein Zelt baue ich gleich neben seinem auf und dann schauen wir aufs Meer. Top.
Mit weiteren Kollegen entern wir dann noch die nahe Pizzeria. Meine Küche bleibt ja bekanntlich kalt. Wirklich sehr leckere Pizza. Normalerweise fotografiere ich mein Essen ja nicht, aber hier muss das sein! Buon Appetito..