Schlecht habe ich geschlafen. In Klamotten und mit Licht schläft es sich halt schlecht, wenn man keine 20 mehr ist… Zudem es auch noch ziemlich kalt war. Auf der Rückfahrt nehme ich den Schlafsack mit hoch!
Aber nun darf ich von der Fähre fahren. Ich halte mich gleich links und nehme die SS200 an der Küste entlang. Durch Kiefernwald cruise ich dahin, rechts und links stehen Ferienhäuschen unter Bäumen und ab und an blitzt das Meer blau hervor. Das geht doch schon mal gut los!
Interessanterweise ist auf dieser Straße 50. Das Geschwindigkeitsbeschränkungen von den Italienern nicht ernst genommen werden, weiß ich ja schon. Aber hier auf Sardinien scheinen sie noch nicht mal eine freundliche Empfehlung zu sein, sondern werden gleich komplett ignoriert. Das wird mir auf der Reise immer wieder begegnen: Absurd niedrige Beschränkung, aber keiner hält sich dran. Hier fahre ich 70 und bin ein Verkehrshindernis. Irgendwann kommt eine Baustelle (am Bankett wird was ausgebessert) mit 10kmh! Ich brettere mit 50 durch, fühle mich schon wie ein Schwerverbrecher und werde dann noch überholt, über die durchgezogene Linie natürlich 😉
Also gut, ich gewöhne mich lieber gleich dran die Schilder als bunte Bildchen ohne Bedeutung zu sehen, damit mir nicht hinten das Nummernschild eingedrückt wird.
Bald taucht hinter einer Kurvenkombi Castelsardo auf. Schön schmiegt sich der Ort an die Klippe im Meer. Und noch schöner thront darüber die Festung. Mal gucken, ob man von da oben Aussicht hat…
Keine Ahnung. Man kommt nämlich nicht bis ganz hoch, den Rest müsste man laufen, soo toll sieht es jetzt aber auch nicht aus. Ich drehe wieder um und fahre lieber weiter die Küste lang. Hier gibt es den Elefantenfelsen irgendwo, aber entweder bin ich auf der falschen Straße oder einfach dran vorbeigefahren. Egal, da war ich ja schonmal und für sogenannte Sehenswürdigkeiten bin ich sowieso nicht hergekommen.
Ich habe gleich drei verschiedene Reiseführer dabei. Da kann ja hoffentlich nichts mehr schiefgehen. Einer empfiehlt ins Landesinnere abzubiegen zum Lago del Coghinas.
Schönste Kurven wechseln mit kleinsten Sträßchen ab. Ohne Navi und Reiseführer, die mir sagen, das diese irgendwohinführen würde ich das nicht wagen.
Doch diese Dinger wissen nicht alles. Schilder mit ‚Brückensperrung‘ und ‚Sackgasse‘ hatten mich schon vorgewarnt. Die uralte Brücke über den See ist gesperrt! Für den Verkehr gesperrt heißt das, Personen dürfen drüber gehen. Und eine Beschränkung der Personenanzahl ist nirgendwo zu sehen. Wenn da also 10 Personen gleichzeitig drauf sein dürfen, dann ist das deutlich schwerer als ich! Ich gehe erstmal zu Fuß scouten. Ja am Ende komme ich raus.
Also wunderbar, an der Absperrung vorbei durch die Büsche und schon tuckere ich natürlich ganz vorsichtig über die coole alte Brücke. Auf der anderen Seite ein wenig durchs Geröllfeld und schon bin ich wieder auf der Straße. Und die Brücke hat gehalten, gut dass ich so wenig Gepäck mitgenommen habe.
Die Seeumrundung geht nun weiter. Kurz vorm Abzweig zum Monte Limbara sause ich beinahe an einer hübschen Quelle vorbei. Also Vollbremsung und schon kann ich kühles frisches Quellwasser genießen. Ein idealer Platz für die Mittagspause, ein wenig Aussicht gegenüber gibt es noch gratis obendrauf.
Nun aber hoch zum Gipfel. Ich versuche mal die Action Cam an einer anderen Position. Ziemlich fummelig und zum Videoschneiden habe ich eh wieder keine Zeit. Aber die Fotos damit werden einfach schlecht mit dem Ultraweitwinkel. Also so richtig zufrieden bin ich mit der Fotografiererei beim Motorradfahren immer noch nicht. Ständig anhalten, Handschuh aus, Foto raus. Und dann kommt doch nur ein blöder Schnappschuss aus blöder Perspektive raus. Die schönsten Motive sehe ich beim Fahren, die kann man nicht einfangen. Sonst halt beim Wandern, aber da ist das Fotografieren kein Problem.
Trotz Videowinkel, leerem Akku und weiterem Multimediablödsinn komme ich irgendwann oben an. Was eine tolle Strecke hier herauf! Kiefern und Granitfelsen in den absonderlichsten Formen in verschiedenem Mischungsverhältnis. Granit nach oben zunehmend.
Da stehe ich nun inmitten von Tafoniverwitterungen, die ja für den Norden Sardiniens so typisch sind. Und frage mich, wie viele Telefongesellschaften hat Italien eigentlich…? Denn hier oben steht Sendemast neben Sendemast. Bei 20 höre ich auf zu zählen. Und alle sind anders, ganz kleine, ganz große, neuere, verrostete und was weiß ich. Fast wie ein Industrieskulpturenpark.
Doch bevor ich hier zerstrahlt werde, fahre ich lieber bald wieder ab. Doch über einer der Antennen zeigt sich ein gigantischer runder Regenbogen! Muss ich doch gleich nochmal anhalten und Foto machen!
Hinter Tempio Pausania biege ich links in ein wiederum sehr schmales Sträßchen zum Monte Pulchiana ab. Ich kann mich partout nicht erinnern, ob ich hier schon mal war. Egal, kommt mir alles irgendwie bekannt vor, aber dann doch wieder nicht. Jedenfalls ist der monolitische Granit gigantisch groß und schön geformt. Netterweise führt die kleine Straße auch halb um ihn herum.
An Isola Rossa stoße ich wieder ans Meer. Dummerweise stoßen hier auch zunehmend Wolken ans Meer, sodass ich zwar extra runterfahre, mich dann aber so an der diesigen Sicht und dem diffusen Licht störe, dass ich gar nicht erst anhalte um ein Foto zu machen.
Weiter nun an der Küste nach Norden. Zumindest in der Theorie. In der Praxis ist die Straße aber echt weit weg vom Wasser und einzelne Stichstraßen führen zu den Stränden. Ein, Zwei davon probiere ich aus. Mit der Enduro natürlich kein Problem. Ich holze einfach über alles weg, wo ich mit dem Womo immer Angst hätte, irgendwas fällt ab oder wir sitzen auf, oder es ist zu steil und wir kommen nicht mehr zurück.
Doch die Pisten führen nicht direkt zum Strand. Man muss noch ein ganzes Stück latschen, steil nach unten. Und das Moped oben stehen lassen. Nö, so wichtig ist mir Strand dann auch, was will ich da auch alleine ohne Tochter und ihr Strandspielzeug.
So lande ich ohne Stranderlebnis in Santa Teresa di Gallura. Erstmal einkaufen und dann weiterfahren zum Capo Testa. Da war ich noch nicht, da bin ich sicher, weil wir genervt vor einem engen Feldweg standen und es für Womos ja sowieso gesperrt ist. Keine Ahnung ob es einen besseren Weg gibt, jedenfalls lotst mich das Mopednavi durch genau diesen Feldweg. Und fast hätte ich mich da hingelegt, weil ich mit dem Navi beschäftigt war und die Weichsandstelle nicht bemerkt hatte. Also echt, auf einem Feldweg…
Bis ans Ende der Straße fahre ich. Immerhin ist Nebensaison und der Verkehr ist wirklich entspannt.
Hier findet sich auch noch eine ideal gelegene Imbissbude. Da verdrücke ich mit bester Aussicht einen gar nicht schlechten Cheeseburger.
Nächstes Ziel ist Porto Pozzo. Das Kitemekka. Und in der Tat, selbst in der Offseason ist hier schon die Hölle los. Auf dem Parkplatz und auf dem Wasser. Über einen Damm fahre ich rüber zum kleinen Inselchen. Da hat der Campingplatzwegweiser hingezeigt. Vor einer loungeartigen Rezeption halte ich. Der Mopedparkplatz ist zugeparkt von einem Taxi. Hah das kann ich auch, da stelle ich mich einfach auf den Taxiparklatz gegenüber.
21 Euro soll der Spaß hier kosten. Aua, Meine Frage ob es denn wenigstens großartige Aussicht auf die Bucht gibt für das Geld, kann oder will er nicht beantworten. Ich soll auf den ‚Boy‘ (O-Ton) warten, der mich mit dem Golfcart übers Gelände fährt. Ich warte fünf Minuten in der Hitze, dann wirds mir zu blöd. Überhaupt – Boy, Golfcart, das ist nicht meine Kragenweite hier. Bloß weg hier, auch wenn ich mich gerne abgelegt hätte.
In Palau ist der Nächste. Offen hat er auch und kostet die Hälfte – na also.
Golfcart gibt es auch nicht, dafür aber jede Menge dieser schicken rundgewitterten Granitblöcke. Ich suche mir ein Plätzchen mit Aussicht. Nur um nachdem ich alles aufgebaut habe festzustellen, dass es weiter unten noch schönere Aussichten gegeben hätte.
Egal. Man kann sich mit einem Bier in die Felsen setzen und die Aussicht und schlussendlich den Sonnenuntergang genießen.
Campingplatz Acapulco Palau