Wir singen noch im Bett. Tochter freut sich, allerdings noch mehr über den Geschenkeberg, den es jetzt regnet. Wir haben natürlich was mitgebracht, auch Steffie hat was besorgt und Freunde und Großeltern haben auch noch ein Überraschungspaket gepackt. Die Freude ist groß, der Tisch reicht bald nicht mehr vor lauter Kram. Aber anscheinend gefällt alles und Tochter ist recht überfordert, mit was sie zuerst spielen soll.
Erster Punkt zum Happy Birthday gelungen. Zweiter geht leider schief. Pommes ist ihr Leibgericht, und das soll es heute natürlich sein. Fish & Chips Läden wurden gestern schon ein paar gesichtet. Dummerweise haben die alle nachmittags geschlossen. Wir irren in der Stadt umher, lassen uns im Cadenheads Shop was empfehlen, müssen wieder zurück und das empfohlene Cafe hätte mittags geöffnet, aber nicht montags. Es ist natürlich Montag. Die Laune aller Beteiligten sinkt, vor allem Maras. Wir wollen schon fast aufgeben, da entdecke ich an einer Straßenecke Schüler mit Pommesschälchen und befrage diese. Der Laden hat dann sogar Fish and Chips. Das Kaufen derselben gestaltet sich zwar schwierig, aber auch das kriegen wir letztendlich hin und so steht dem Mittagessen eigentlich nichts mehr im Weg, außer der heftige Wind.
Steffi spielt für die nächsten Stunden netterweise Babysitter, so können wir beide die Destille besuchen. In Campbeltown gab es wohl früher 34 davon. Der Legende nach fanden die Fischer bei Nebel den Weg zurück allein nach dem Geruch. Heute gibt es allerdings nur noch drei und die Schiffe haben GPS. Springbank, Glen Scotia (wiedereröffnet) und Glengyle. Erste und Letzte wollen wir besuchen.
Zuerst zu Springbank. Fast finden wir sie nicht, ein schmaler Weg geht von der Longrow in der Stadtmitte ab und führt direkt in den Brennereihof. Ein älterer, aufgeräumter Guide empfängt uns, und schon geht’s los. Hier gibt es alles zu sehen, vom Mälzen bis zur Abfüllung. Toll!
Die Prozesse sind ja gleich und von mir hier schonmal beschrieben. Besonders schön ist hier das ursprüngliche, alles ist alt, hundertfach benutzt und work in progress. Ganz anders als die perfekt inszenierten Brennereien a la Ardbeg oder Highland Park. Man darf auch fotografieren, ich bin zufrieden. Drei verschiedene Whiskies werden hier gebrannt. Springbank, klar, ist ungetorft, dann der Longrow, die rauchige Variante, und der Hazelburn, noch nie probiert.
Die Abfüllstraße ist auch in Betrieb, hier wird nicht nur der selbst produzierte Whisky abgefüllt, sondern auch die Abfüllungen von Cadenheads. Eine illustre Liste mit Destillerienamen steht dementsprechend an der Duty Tafel.
Nun wird die Gruppe kleiner, zusätzlich haben wir und ein paar andere noch einen Rundgang durch Glengyle gebucht. Die Brennerei gehört dem selben Eigentümer und ist nach Angaben des Guides nur 1 Monat pro Jahr in Betrieb. Von außen wirkt alles recht groß, allerdings verrät er, dass rechts und links die Gebäude leer sind, auch wenn Malt Mill und Sonstiges dran steht.
Das Hauptgebäude ist allerdings gefüllt, quasi mit einer Destille in the Box. Wie bei Abhain Dhearg eine gesamte Brennerei unter einem Dach. Diese wurde eigentlich 1872 gebaut, allerdings in den 1920 bereits wieder geschlossen. Die Technik innen ist also nicht original (und alt) sondern wurde von vielen anderen Brennereien zusammengetragen.
Trotzdem interessant, denn man hat alle Produktionsschritte in einem Blick. Natürlich fehlt der Geruch, der Dampf und überhaupt, denn es ist natürlich still season. Der Whisky von hier heißt übrigens Kilkerran und nicht Glengyle.
Jetzt wird die Gruppe noch kleiner, besteht genaugenommen nur noch aus uns dreien, denn wir schreiten nun zum Warehouse Tasting in einem der Cadenheads Lagerhäuser. Hier liegen tausende Fässer aus hunderten Brennereien. Der unabhängige Abfüller Cadenheads kann auf eine lange Historie als independent Bottler zurückblicken, über 100 Jahre (nachprüfen!). Dementsprechend klangvolle Namen liest man auf den uns umgebenden Fässern. Also wirklich ein Warehouse Tasting wie damals bei Bowmore. Nicht im schicken Room, sondern mittendrin zwischen Fässern im dumpfen Keller mit dem Alkohol Fungus um uns herum.
Und es geht dann auch gut los, 5 cask strenght whiskies soll es geben, der Erste ist ein 92er Littlemill. Schon viel gehört von, eine der lost Destilleries, die zumachten, weil sie keiner haben wollte und deren Flaschen nun astronomische Preishöhen erreichen. Er gilt ja als sanfter Lowlander, und so ist das auch. Bourbon Fass, 23Jahre, ganz smooth.
Nächster in der Runde, Aultmore ’89. Ich gebe zu, von Aultmore habe ich noch nie gehört, aber er kann was, 27 Jahre manifestieren sich in schönen Eichentönen, gepaart mit Vanille, Citrus und Früchten. Auch wieder eher sanft, bis auf die Eiche. Von klein und unbekannt nun zu groß und bekannt. Glenlivet, mir vor allem bekannt durch gewaltige Produktionsmengen, hat aber – sagt Marc, unser Guide – auch gute Sachen neben dem Kommerz. Gestern hatten wir noch den 12er getrunken, der ist ja so ein Allerweltswhisky ohne Ecken und Kanten. Und der 19 Jährige nun ist die adäquate Steigerung. Marc meint, sie versuchen hier immer den Brennereicharakter noch zu erhalten. Das ist gelungen, der hier schmeckt wie der (sehr) große Bruder des 12ers.
Klassisches Tasting, sprich nun nähern wir uns dem Rauch. Mit einem 88′ Highland Park. Gut der ist so alt, da ist vom leichten HP Rauch nichts mehr zu merken, dafür aber vom Sherryfass, indem er 7 Jahre (nicht Monate) nachreifen durfte. Mein Tasting bei HP war ja das beste, was ich bisher erleben durfte und dieser 88er erinnert mich sofort an den HP 30 Jahre. Bourbon Untertöne, dominiert von Sherry und Eiche. Sehr komplex und schwer, und zuviel Eiche. Geht mir auch hier so, damals hatte mir von den Sherrylastigen der 25er besser gefallen…
Jetzt darf es etwas mehr Rauch sein und ein ganz junger Bowmore wird aus dem Fass geholt. Merkt man gleich, denn erstens hat er eh mehr ppm und zweitens ist der Rauch auch noch nicht weit abgebaut. Ganz gefällig und eher an die alten Bowmores erinnernd. Achso das Alter, er ist von 2000, ups sind ja 15 Jahre, so verschiebt sich die Wahrnehmung, wenn man nur den alten, teuren Kram trinkt.
Das Tasting ist vorbei, aber wir fachsimpeln so schön, da packt er noch einen aus für uns, einen schönen Rauchhammer, dabei hat er gar nicht so viel ppm. Aber wirklich jung und wild, aber gut trinkbar. Auflösung: Lagavulin 2008.
Wir müssen nun etwas sputen, da wir uns so verquatscht haben. Um 5 macht der Shop zu, hier sollen wir doch noch unsere Miniatur abholen, und die Flaschen Littlemill bezahlen, die sich irgendwie in unsere Taschen verirrt haben.
Strategisch geschickt parke wir direkt neben dem Spielplatz. Der ist übrigens toll für Tochter, aber es gibt auch nette Sachen für uns, wie Balancierstangen, einen Skate und einen Waveboard-‚Simulator‘. So geht noch etwas Zeit rum.
Anschließend fahren wir wieder nach Norden, zum Fährhafen nach Islay: Kennacraig. Hier kann man sich wunderbar auf den Parkplatz stellen, mit Blick aufs Loch. Einfach ganz durchfahren bis zum Ende.
Wir grillen sogar noch, aber gegessen wird drin, allerdings wegen der Midges, denn ich habs noch gar nicht erwähnt, heute schien die Sonne! Den ganzen Tag, ohne einen Tropfen Regen.
Stellplatz: Kennacraig, am Fährhafen, Blick aufs Loch