Heute Nacht sahen wir in der Ferne erst heftiges Wetterleuchten, dann erreichte das Geschehen auch uns. Wir wurden ordentlich durchgeschüttelt, dann heftig beregnet und dann war der Spuk auch schon wieder vorbei.
Früh am Morgen ist es auch noch dicht bewölkt, aber wir sitzen das erfolgreich aus und besuchen bei schönstem Sonnenschein die Stadt. Logischerweise sieht diese jetzt ganz anders aus im Laternenschein, aber immer noch sehr schön. Wir schlendern also wieder durch die bekannten zwei Gassen, schauen auf dem Plaza Major den Aufbauarbeiten für das Mittelalterspektakel zu und Mara und ich besteigen den Glockenturm der alten Kirche aus dem 12 Jh. 1€ kostet es, und die sind gut investiert. Es geht einen extrem schmalen und niedrigen Treppengang nach oben. Wir kommen bei den großen Glocken raus. Gut, dass es kurz nach 12 ist, hier direkt daneben würde uns wahrscheinlich die Ohren abfallen bei 16 Schlägen. Über eine sehr steile Metalltreppe erreichen wir noch das Stockwerk drüber. Hier bietet sich eine wunderschöne Aussicht. Nach Norden auf den Zentralkamm der Pyrenäen, nach Osten auf den Dolomitenstock, und nach Süden und Westen auf einen Fluss. Und natürlich auf die Dächer der Stadt. Wir versuchen Mama unten zu entdecken, dies gelingt aber nicht.
Jetzt müssen wir wieder nach unten, es ist viertel nach zwölf und … DONG, uns klingeln wirklich die Ohren, aber nur ein Schlag, das lässt sich verkraften. Wir entdecken Sabine im Kreuzgang der Kirche, der mit gregorianischen Gesängen beschallt ist, sie hat uns oben auch nicht gesehen. Wie auch immer, das schönste an der Kirche ist dieser Kreuzgang, und so finden wir uns bald wieder im nächsten Staubfängerladen, in die uns Mara immer wieder reinzieht. Ich frage mich echt, wer diesen ganzen Kram immer kauft. Wir bleiben standhaft, doch wir brauchen noch ein Brot. Eine Bäckerei (wie heißt die eigentlich Spanien, Paneria?) ist leider nicht zu entdecken, in einem Wein/Käse/Wurst/Tourikramladen entdecke ich aber eins. Mit gezücktem Geldbeute stehe ich vor der Theke und schon erscheint die Verkäuferin – mit Telefon am Ohr. Ich zeige auf das Brot, das kann ich auch nonverbal kaufen. Aber die gute Dame dreht sich rum und telefoniert weiter. Ein paar Minuten stehe ich dumm rum, dann wird’s mir zu blöd und ich gehe. Okay, am Brot gibt’s nicht vel zu verdienen, aber meinetwegen hätte sie ihr Handy ruhig am Ohr lassen können, während ich ihr das Geld rüberschiebe.
Wir landen wieder auf dem Hauptplatz, aber irgend was hat sich verändert – aha, jetzt steht da plötzlich ein großer Olivenbaum mitten auf dem Platz. Das muss ja ein großes Spektakel werden heute abend. Auch Lichttechnik wird rund um den Platz aufgebaut und im Burghof der alten Moslemfestung ein riesiges Zelt. Leider startet das Event laut Plakat erst um 22:15, das ist echt zu spät für unsere Tochter.
So landen wir schlussendlich wieder beim Auto. Was für ein schönes, mittelalterliches Städtchen, aber was nun? Eigentlich wollen wir nach Panticosa zum wandern, aber in den Bergen hinter uns hängen dicke Wolken und hier scheint die Sonne. Also beschließen wir nicht wandern zu gehen, lieber hier noch auf diesem schönen Platz zu entspannen und am Abend wieder ein gutes Stück nordwärts zu kommen.
Gesagt, getan, wir hängen eine Weile im Schatten der jungen Bäume ab, und essen dann hier zu Mittag statt auf den Picknickplätzen an der D934 in den Bergen. Dazu brauchen wir aber ein Baguette, bzw Pan. Also renne ich noch schnell in den Ort, immerhin gibt es noch einen Laden mit Brot, nicht nur den mit der zuvorkommenden Verkäuferin.
Langsam zieht das schlechte Wetter nun zu uns. Es wird also Zeit aufzubrechen, wir wollen ja auch noch vor sieben ankommen. Schaffen wir natürlich nicht, aber dazu später mehr. Ich fahre den Weg an der Stadtmauer runter und mitten durch ein dickes Schlagloch, weil ich gerade gedanklich mit dem Navi kämpfe. Das will mich doch falsch routen? Sicherheitshalber halte ich doch lieber an und gucke dann genauer. Die Koordinaten sind korrekt eingegeben aber wir landen total falsch, wie kann das denn sein. Aua, ich als alter Geograph merke erst nach 5 Minuten, das Laruns auf dem West Meridian liegt, ich aber noch Osten drin hab, also O mit W ersetzt und schon landet die Zielflagge da wo sie hin soll. Schnell gewendet und nun rollen wir gen Nordwesten. Die Landschaft ist wunderschön, wir durchqueren eine Schlucht die ganz eigenartige Erdrippen aufweist. Ich halte sogar extra auf der falschen Seite um mir das näher anzusehen, aber von da sieht man das nicht mehr. Dafür entdecke ich unten einen wunderschön blauen Fluss mit Brücke, ein verlassenes Dorf und jede Menge Wanderer. Wir versuchen einen Einstieg dorthin zu finden, aber es zweigen nur undefinierbare Pisten ab und darauf haben wir jetzt keine Lust, wir wollen ja noch nach Frankreich. Aber in einem späteren Urlaub werden wir in die Gegend nochmal zurückkommen, das steht schonmal fest.
Ich gebe Gas und wir schrauben uns nun wieder in die Höhe. Rechts und links weitere verfallende Häuser, dann wieder ein alter Dorfkern vor schöner Kulisse und schon bald sind wir am Pass. Eigentlich kurz davor, denn auch hier gibt es wieder einen Tunnel mit Ampel. Und es scheint länger zu dauern, der Lieferwagenfahrer hinter uns steigt aus und raucht erstmal eine. Aber es wird doch bald grün und schon rauschen wir durch und auf der anderen Seite wieder runter. Bis jetzt haben wir nur einen Supermarkt gesehen und der hatte Siesta. Wie hoffen jetzt auf Biescas, dem nächsten größeren Ort. Doch hier fahren wir auf der Umgehung aussen rum und finden uns schon auf der A136 nach Norden. Da Tochter magenfreundlich schläft, kehren wir nicht mehr um sondern fahren weiter. Der Womoführer erwähnte etwas von billig einkaufen auf der Passhöhe. Ich erzähle das Sabine und während ich das erzähle kommen mir ganz dunkle Erinnerungen an meine ertse Pyrenäen Tour vor nun über 22 Jahren. Da sind wir doch irgendwo in den Bergen an so komischen Minisupermärkten angekommen, wo es hauptsächlich Alkohol zu kaufen gab, und das ganz billig. Meine Kumpels hatten sich damals kistenweise mit irgendwelchen Schnäpsen eingedeckt und wir alle hatten uns diese riesigen Sombreros gekauft, die dann noch jahrelang zuhause rumflogen.
Wir fahren weiter aufwärts, ich bin gespannt was kommt. Doch zuerst kommt wieder tolle Landschaft und dann die Wolke. Man sah sie schon von fern über den Pass drängen und nun sind wir drin. Die Strasse macht eine Kurve, die Passhöhe ist erreicht und rechts sieht man 6 Häuser und auf jedem steht Supermercado. Dejavue – ja hier was das. Schnellentschlossen kurve ich auf den Parkplatz. Mara schläft noch und so gehe ich mal alleine die Lage checke, ich nehme den supermercado mit der großen Campari Werbung, weil ich an die alten Zeiten denken muss. Der ist aber recht ernüchternd, also kauf ich schnell Wasser (sauteuer) und eine Milch, damit unser weiteres Überleben gesichert ist. Der Typ an der Kasse fragt ob das wirklich alles sei, wahrscheinlich bin ich der einzige, der hier ohne Alkohol rausgeht, aber die Whiskyauswahl war sehr bescheiden und der Rest interessiert mich nicht.
Doch am Auto schläft Tochter noch immer, Sabine liest ihr spannendes Harrer Buch, so geh ich dann noch in den anderen Laden, der mir auch vage bekannt vorkommt. Sombreros gibt’s keine mehr, aber innen habe ich wieder das Dejavue. Hier gibt’s tonnenweise Schinken, Wein und Hochprozentiges, und natürlich Kitsch, alles reingestopft in diesen Miniladen. Schnell checke ich die Whiskyauswahl. Nix außergewöhnliches außer – ein Macallen 10, also der alte, jetzt gibt’s ja nur noch NAS (ohne Altersangabe). Und 28€ Euro sind äußerst fair, also klemme ich mir zwei unter den Arm. Ein aufmerksamer Verkäufer schiebt mir gleich ein Wägelchen zu, dabei habe ich ne Sonnenbrille an, er kann gar nicht meine leuchtenden Augen gesehen haben. In D gibt’s den nicht mehr unter 50… Eine Limited Edition packe ich auch noch ein, dann noch einen Rioja Grand Reserva, einen normalen 2kg und einen 1,5 kg Pfefferschinken und trotzdem stehen an der Kasse nur 123€ auf der Uhr. Ich muss dazu sagen der Macallan ist Sabines Lieblingswhisky, nicht meiner.
Mit meiner Jagdbeute komme ich am Auto an, und dort wacht Tochter gerade auf. Also entern wir jetzt alles zusammen die anderen Läden. In allen gibt’s irgendwie das gleiche und doch zu einem jeweils andern Preis. Ich studiere meine Rechnung von eben, da ist tatsächlich keine Mehrwertsteuer ausgewiesen, sind diese 10 Häuser hier oben eine Steueroase, oder muss man in Spanien die Umsatzsteuer nicht ausweisen. Ich weiß es nicht, aber die Alkpreise haben nicht ganz Andorra Niveau, aber fast. Wir entdecken noch gekachelte Buchstaben für unser Haus, einen Macallan 12 (öhem), Olivenöl und Obst. Tochter ist ganz begeistert und so waren wir in (fast) allen Läden hier oben.
Das Wetter hat sich nicht gebessert und in der Wolke fahren wir vom Col de Pourtalet nun nach unten. Leider sehen wir so nix von der schönen Landschaft. An den eingangs erwähnten Picknickplätzen rauschen wir auch vorbei, denn durch unser Powershopping ist es jetzt erstens 19 Uhr und zweitens sind es 15 Grad und drittens nieselt es aus der Wolke. Gegen acht erreichen wir unser Ziel Laruns. Vorher hätte es am Bach auch nette Plätze gegeben, aber wir wollen hier morgen vielleicht wandern gehen und einkaufen und nicht so viele Kurven fahren nach dem Frühstück. Die Schranke zum Stellplatz, ist allerdings recht kompliziert, man muss vor der Einfahrt zahlen und bekommt einen Riesenzettel mit viel Text und einem Code. Jedenfalls geht die Schranke irgendwann auf, wir stellen uns zu den anderen und schauen dann morgen mal wozu der Code ist…
Stellplatz: offizieller Stellplatz von Laruns, 6€ für 24 Stunden, angeblich mit Wasser, das testen wir morgen mal, schief, zentrumsnah o