Um kurz vor 6 fahre ich los. 6 Uhr abends. Eine blöde Idee, denn aus Heidelberg raus stehe ich gleich mal ne halbe Stunde im Stau! Und dabei habe ich noch mindestens 11 Stunden Fahrt vor mir. Aber, tatsächlich sollte es der einzige nennenswerte Stau bleiben.

Endlich rolle ich nun nach Norden. Nicht weiter erwähnenswert, außer das ich vielleicht dauernd ‚ich‘ schreibe. Tja, ich fahre – alleine. Allerdings nur ein paar Tage. Ich hatte nämlich die tolle Idee geboren: Ich fahre und die Damen fliegen! Spart Sabine Urlaub, geht besser mit Maras Schulferien auf und ist auch noch billiger.

Fahren bis die Sonne aufgeht

So kams denn auch und nun habe ich den Salat und rolle ganz allein nach Norden. Komisches Gefühl aber was solls. Natürlich viel zu früh komme ich in Hirtshals ganz im Norden Dänemarks an. Um Halb 6, dabei geht die Fähre doch erst um halb zwölf. Egal besser zu früh als zu spät, dann haue ich mich noch ein paar Stunden aufs Ohr, ganz stilecht zischen riesigen 4×4 Trucks.

Interessante Gefährte …

… warten mit mir

Beim Einschiffen entsteht unerwartet Chaos, es ist gar nicht so tiefenenstpannt wie bei zum Beispiel bei CalMac sondern hat eher was von süditalienischen Häfen. Egal, irgendwann bin ich drin und beziehe mein Kabuff. 6 Betten auf 9m², das ist doch mal ne Kreuzfahrt.

-Foto fehlt noch-

Aber alles Urlauber in der Kabine, keine Fernfahrer, wie ich das schon mal hatte. Ich komme die nächsten 2 Tage gar nicht so viel zum lesen, wie ich das vorhatte, da meine Mitstreiter anscheinend schon den ganzen Erdball bereist haben. Die Kabine ist zudem gut belüftet und trotz tiefem Deck rüttelt nichts. Hier kann man es also gut aushalten.

Fast wie Kreuzfahrt

Ansonsten bietet die Norröna alles übliche und sogar einen Swimmingpool mit Sauna im untersten Deck. Also Badehose mitnehmen, was ich nicht habe! 44 Stunden tuckern wir nun nach Norden. Obwohl tuckern ist untertrieben, wir machen schon ordentlich Fahrt.

Ein kurzer Zwischenstopp wird auf den Faröern eingelegt. Das Wetter ist leider wirklich mies. Waagerechter Regen, 10 Grad und die Wolken hängen so tief, dass die Spitze des Hafenkrans schon drin verschwindet. Hurra Sommerurlaub, wir kommen!

Torshaven – Faröer Inseln

Trotzdem gehe ich an Deck, wann komme ich denn sonst nochmal hierher? Tja man sieht immerhin den unteren Teil von Torshaven, der Hauptstadt. Und der ist recht malerisch, klar mit modernen Hafengebäuden aber auch einem alten Reetgedeckten Teil. Und ganz vielen bunten Holzhäusern, aus naheliegenden Gründen mag ich sowas ja.

Hier wird gepumpt, früher fuhren die Fischer so aufs Meer raus

Hier im Hafen tummeln sich eine Menge Ruderboote. Aus Holz und 8 bis 10 Mann (und Frau) fassend. Wie auf den Shetlands wird auch hier wohl die Tradition wiederbelebt. Aber die, die hier unterwegs sind, scheinen echt heftig zu trainieren! Inkl. Trainer mit Stoppuhr der ihnen Beine (eher lange Arme) macht. Nach ein paar dieser Boote legen wir allerdings schon wieder ab, der Aufenthalt betrug gerade mal eine halbe Stunde.

Was ein Wetter!

Am nächsten Morgen heisst es früher aufstehen, wir legen gleich an! Das Wetter in Seydisfjödur ist aber mal so richtig schlecht. Es schüttet waagerecht und man steht in der Wolke. Die armen Mopedfahrer die nach 5 Minuten wahrscheinlich schon tropfnass sind. Von den drei Radfahrern, die ich überhole, ganz zu schweigen…

Ich mache noch nicht mal ein Foto, dabei soll der Ort ganz schön sein. Sondern fahre einfach durch, das Wetter ist echt deprimierend. Der Supermarktparkplatz ist verstopft mit deutschen Wohnmobilen von der Fähre, sodass ich beschließe einfach im nächsten Ort einkaufen zu gehen Fehler! Ich werde nämlich die nächsten dreihundert Kilometer an keinem mehr vorbeifahren!

Aber das weiss ich noch nicht. Dann begehe ich gleich den nächsten Fehler als ich auf die N1 einbiege. Ich fahre nämlich links, also die Südroute nach Reykjavik. Obs wirklich erst da passiert und auf der Nordroute nicht, weiss ich allerdings nicht, aber in weniger als einer Stunde werde ich gehörig fluchen. Aber auch das weiss ich noch nicht und so fahre ich etwas vom Wetter deprimiert nach Süden.

Erwähnte ich das Wetter?

Die Landschaft erinnert wirklich frappierend an Schottland, ich muss aufpassen, das ich nicht plötzlich links fahre! Nach ereignislosen Kilometern geht die Straße unvermittelt in Schotterpiste über. Dabei ist das doch die Ringstraße N1! Ich habe mich nicht verfahren, ist auch so in der Karte vermerkt. Gut was solls, die Piste ist aber in perfektem Zustand, fast keine Schlaglöcher und kein Wellblech. Also gar kein Problem.

An einem steilen Anstieg fährt sich der Schotter aber ganz schön komisch, denke ich und schaue prüfend in die Rückspiegel. Scheiße, das linke Hinterrad ist platt, und zwar so richtig. Aber bei der Steigung geht Radwechsel gar nicht, also fahre ich noch auf den Pass hoch.

Gestrandet im Nirgendwo

Da stehe ich nun im waagerechten Regen auf der Passhöhe mit einem Platten. Hatte ich die letzten 20 Jahre nicht und nun nach knapp ner Stunde in Island – Peng. Und Handyempfang habe ich auch keinen, das fängt ja gut an!

Also die neue(!) Regenjacke an, die Zeltunterlage geschnappt und unters Auto gelegt. Wie geht das Reserverad runter? Ah, da außen Kurbeln. Und wie geht’s ab? Tja, darüber schweigt sich die Anleitung aus. Ich fummele rum, friere mir die Finger ab, werde immer nasser und immer dreckiger. Ah man muss ne Handschraube ertasten im Innern und diese Rausdrehen und dann die Halterung im unmöglichen Winkel heraushebeln. Wer hat sich denn so einen Mist ausgedacht? Ich fluche ausgiebig. Zum Glück bin ich ja allein und mich hört keiner.

Der Übeltäter!

Gegenüber der Aktion ‚Reserverad rausbekommen‘ geht der eigentliche Radwechsel jetzt ruckzuck. Immerhin bekomme ich sogar die Radmuttern auf. Jetzt brauch ich wohl ein neues Ersatzrad…

Ersatzrad erfolgreich montiert

Bei der ganzen Aktion ist mir gründlich der Appetit vergangen. Weiter und weiter fahre ich nun knapp unterhalb der Wolke Richtung Hauptstadt. Wobei die Richtung eher grundlegend gemeint ist. Denn das ganze hier nennt sich Ostfjorde und so fährt es hier auch. Strecke 100km, Luftlinie 20…

Wilde Küste

Und es erinnert alles unheimlich an die Insel Mull. Inklusive fehlender Halteplätze um mal ein Foto von der Szenerie zu machen übrigens.

Island ist eine vulkanische Insel

Doch dann schieben sich die ersten Gletscherausläufer ins Bild, was meine düstere Stimmung erheblich hebt. Zudem es auch noch etwas aufklart und sich die Wolkenbasis um mehrere hundert Meter hebt, sodass man endlich mal was sieht!

Gletscher tauchen auf

Und was man nun sieht! Der Vantnajökull ergießt sich hier an unzähligen Stellen Richtung Küste. Beeindruckend! Er soll ja der größte Gletscher Europas sein, las ich. Und das eigentliche Ausmaß der Eismasse sieht man ja gar nicht, das liegt nämlich hinter den auch sehr pittoresken Bergen.

Ich habe noch gar keinen Plan gemacht, wann ich eigentlich wo sein will. Außer natürlich rechtzeitig am Flughafen um die Mädels abzuholen. Da kann ich doch auch hier gleich mal abbiegen. Wo sich soviel Autos, Mietmobile und Reisebusse stapeln, muss es doch was tolles geben.

Die Gletscherlagune

Gibt es auch. Ich bin an der berühmten Gletscherlagune Jokusarlon gelandet. Stell ich mich doch gleich dazu und knipse auch herum. Leider ist die Sonne wieder hinter Wolken verschwunden. Trotzdem ein wunderbares Farbspiel aus Blau und Weiß hier. Ich bemühe mich das auch redlich auf einem Foto einzufangen, aber naja.

Eis

in allen

Formen

Wirklich toll!

Hundert Fotos später überquere ich die Brücke und fahre zum noch Strand runter. Die Eisblöcke werden nämlich ab und an vom Fluss ins Meer gespült und landen hier am Strand wieder an.

Unterhalb werden die Blöcke an den Strand gespült

und tauen langsam ab

was einen schönen Kontrast zum tiefschwarzen Sand gibt

Eis

in bizzarren Formen

Trolltisch

Das sieht natürlich toll aus, schillernde Eisblöcke am schwarzen Vulkanstrand – im diffusen Mittagslicht. Naja, man kann nicht alles haben, außerdem komme ich hier sicherlich nochmal hin. Also weiter.

Ich nehme sogar zwei Anhalter mit. Es sind junge Franzosen und eine Verständigung kommt kaum zustande. Mutig, sich mit so wenig Englischkenntnissen ins Ausland zu wagen.

On the road again

In Skaftafjäll lasse ich sie raus, aber der Camping hier gefällt mir überhaupt nicht, als fahre ich weiter nach Westen. Außerdem muss ich noch was einkaufen. Da man ja nur 3kg Lebensmittel einführen darf, ist der Kühlschrank ziemlich leer.

Tja, an einem Supermarkt bin ich tatsächlich nicht mehr vorbeigekommen und die letzten Reste der Bordverpflegung hatte ich schon mittags vertilgt. Aha, das Piktogramm da auf dem Ortsschild könnte doch Supermarkt heißen? Hier wollte ich eh campen. Ich fahre bis zum Ortsende und entdecke – nichts. Also wieder zurück. Tatsächlich, gleich ganz vorn am Eingang des Ortes. Keine Werbung dran, man weiß wohl, wo er ist. Innen ist er überraschend groß und gut sortiert. Die Preise sind aber auch nicht von schlechten Eltern.

Ich hab mir etwa soviel gekauft, als wäre ich mit dem Moped unterwegs, aber morgen komme ich ja nach Reykjavik rein, da sollte es hoffentlich etwas günstiger werden.

Ich hab einen Trollkopf entdeckt – wer noch?

Der Campingplatz ist wie im Führer beschrieben. Eine Hütte als Sanitäreinrichtung, eine wirklich hübsche Zeltwiese und ein großer Schotterparkplatz für die Womos davor. Mit Superaussicht auf zwei Wasserfälle im Westen und Schneegipfel im Osten.

Das ist doch mal ne Aussicht aus dem Schlafzimmerfenster

Hier bleibe ich, mit 7 Euro ist es auch ganz genauso teuer wie ne Packung Salami.

Stellplatz: Camping Kleifar