Gewaltige Landschaften

Schlucht plus hoch plus starke Abkühlung= gewaltiges Kondenswasser am Zelt. Unglaublich, bei blauem Himmel packe ich ein Zelt ein, als wäre ich Gewitter gesessen. Aber in dieser Enge Schlucht brauch ich erst gar nicht auf die Sonne warten.

Kein Regen – Kondenswasser!

Und schon bin ich wieder auf der Straße. Kaum angewärmt lande ich schon im nächsten Tunnel. Der an einem Ausläufer des gewaltigen Sognefjords wieder das Licht erblickt. Ich suche noch auf der Karte und schon bin ich in der nächsten langen Röhre verschwunden. Mist Abfahrt verpasst. Egal, es werden noch mehr Stabkirchen kommen. Jetzt aber aufpassen, wenn ich gleich nicht von der 50 abfahre, dann lande ich im längsten Tunnel Europas (der Welt?). 28 km, ich glaub, das brauch ich nicht, 11 km alle 5 Minuten reichen schon. Doch ich biege rechtzeitig ab, denn das Fjell ist ausgeschildert. Ich mache ja eine Tour auf den Nationalen Touristenstraßen Norwegens.

Eng und schmal schraubt sich die Straße dann hinter Aurland nach oben. Zum Glück ist wenig los. Wie muss dass hier abgehen, wenn gerade nicht die Pest herrscht? Auch so kommen mir riesige Wohnmobile entgegen und fahren mit mir hoch. Am größten bin ich eben vorbeigekommen, so muss ich nicht das Millimeterrangieren anschauen und abwarten. Unterwegs halte ich öfter mal zum fotografieren. Immer fürchte ich, gleich kommt der Integrierte wieder von hinten und ich muss wieder vorbei, wenn ich nicht einschlafen will. Doch nichts kommt, gar kein Verkehr von unten. Oje, vielleicht haben sie sich unten festgefahren. Der da vorhin entgegenkam war ein Mietmobil und sah nicht sehr souverän aus. Klar, dass man trotzdem hier oben über den Pass fahren muss, ist bestimmt im Reiseführer empfohlen.

Aussicht mit Architektur

Egal nicht mein Problem, ich fahre weiter nach oben bis zur Stegastein Aussichtplattform. Ein geschwungener Holzbogen steht aus dem Hang heraus. Man läuft nach vorne bis über die Baumwipfel und hat einen wirklichen hervorragenden Blick. Im Sinne des Wortes. Die Architektur mit dem nach vorne abfallenden Holz ist aber nix für Leute mit Höhenangst.

Nur für Schwindelfreie!

Top in Norwegen

Von unten kommt die halbe Stunde, die ich hier verbringe, kein Verkehr mehr… ups. Es fahren aber jede Menge Mobile nach unten… Tja.

geht ganz schön runter hier

Zum Glück fahre ich weiter nach oben und nach Norden. Und mit jedem Höhenmeter wirds spektakulärer. Ich komme kaum in Flow, denn dauernd muss ich anhalten, zum fotografieren und gucken. Die Touristveger geben sich wirklich Mühe. Seltsame Toilettenhäuschen – bis jetzt vergessen zu fotografieren – und ansonsten mehr oder weniger gelungene Kunst in der Landschaft. Oben ist es noch nicht mal wirklich kalt. Was ein Wetter!

wieder im Fjell

Aber Hauptattraktion ist natürlich die Landschaft! Das Fjäll zeigt sich unter blauem Himmel von seiner schönsten Seite. Zartes Grün inmittem von schroffen oder auch abgerundeten Felsen. Dazu gurgelnde Bäche und stille Seen. Gewaltig!

View of the views

An der Straße steht einer und fotografiert wie wild. Ich verrenke den Kopf. Da ist, ja was? Eine Schneeröhre! Wie entsteht denn sowas?

was ist das denn da hinten!

Schnell angehalten und zurückgelaufen. Ja, Wahnsinn. Das ist für mich noch mehr Kunst, als der ganze Beton, der hier sonst herum steht.

Schneehöhle

auf der anderen Seite siehts aber auch nicht schlecht aus

200 Fotos später bin ich wieder on the road, nur um gleich wieder abzubremsen. Tja, was soll das sein? Ein Betondolmen mit einem Arrangement drin aus Müll? Alpinen Ausrüstungsgegenständen? Keine Ahnung, leider gibt es auch keine Erklärung…

Wo kommt man denn hier hin?

Zu Kunst am Berg…

Also runter vom Fjäll in die Zivilisation und wieder zum Meer. Zum einem weiteren tollen Pausenpunkt am Meer.

nach vielen Höhenmetern wieder auf Meeresniveau zur Pause

Und dann frisch gestärkt nach Laerdalsoyri. Doch der Ort gibt sich etwas unnahbar. Ich kurve blöde durch die hässlichen Außenbezirke bis ich endlich das historische Zentrum finde.

Endlich die Altstadt gefunden

Wunderbare alte Holzhäuser in der Dorfstraße, selbst der alte Benz passt dazu, auch wenn er doch aus einer anderen Zeit stammt.

schick

Ich laufe die Straße einmal rauf und runter und bewundere die Häuser. Allerdings ist sonst nicht viel geboten. Ein kleines Cafe, das wars. Ist allerdings auch nicht viel los, Corona?

klein und hübsch

Eine Fähre später schon wieder Kultur.

mal wieder Fähre fahren

Die Kaupanger Stabkirche wartet auf Besucher. Damit sie nicht noch länger warten muss, laufe ich nicht nur einmal drumherum sondern gehe auch nach höllisch viel Eintritt rein. Der Studentenjob an der Kasse ist aber tiefenentspannt, ich glaube allzu viele Leute kommen hier am Tag nicht zur Zeit nicht vorbei.

zur nächsten Stabkirche

Dafür ist sie aber durchaus hübsch innen. Hoch ragen die Baumstämme auf, die das noch höhere Dach tragen. Effektvoll beleuchtet ist das ganze auch noch. Was hat die Leute damals dazu bewogen so zu bauen?

wirklich schön innen

Die Wände waren anscheinend sogar bemalt, überall sind noch Fragmente zu sehen. Die Stiege zum Kirchturm ist auch nicht schlecht, wer da wohl zum Leuten immer hinaufmusste?

tolle Holzkonstruktion

kommt von den Säulen der Begriff Stabkirche

Stiege zum Glockenturm

Doch der nächste Touristveger wartet: Die Sognefjellstraße.

on the road

Wieder ein Wahnsinn. Die Route schraubt sich schnell auf über 1000m um dann durch schönste Landschaft zu führen. Ich muss mich wiederholen. Gewaltig mal wieder! Einige Wildcamper bauen ihre Zelte auf. Ich überlege ob ich das auch tun soll, doch der Gedanke an eine lange, warme Dusche hält mich tatsächlich davon ab. Das Wetter ist nämlich mal wieder wolkenlos, bei 17 Grad Lufttemperatur, bzw. 13 hier oben. Das heißt in der Sonne in den Motorradklamotten schwitzt man wie noch was, in Fahrt, oder dann im Schatten fängt man das Bibbern an. Dauernd an und ausziehen ist ja auch keine Option. Deshalb habe ich eigentlich immer den Zustand von klebrig verschwitzt.

wieder Touristveger Dekoration – ein Bergpeilgerät

Pause

mit Gletscherblick

Erwähnte ich das Wetter?

Ist das Kunst oder kann das weg?

Also zurück zum Wildcampen. Ich denke noch darüber nach, als ich am nördlichen Ende vom Sognefjell hinunterfahre. Und da zeigt doch glatt ein Campingschild ins Fjäll. Es stehen auch schon ein paar Zelte und Wohnmobile an einem kleinen See. Jawoll Szenerie wie Wildcampen aber mit heisser Dusche!

Krossbu Hyttn, hier bleibe ich

Die Rezeption ist in einem großen alten Holzgebäude. Hotel und Hütte in einem. Seit 1901 steht außen dran. Und so sieht es innen auch aus! Wahnsinn, ein Salon, nein mehrere Salons wie Anno Dazumal! Super Entscheidung hier zu bleiben. Denn auch Camper dürfen hier sitzen! Und also ich den Preis höre, überlege ich gleich zwei Tage bleiben, es kostet nämlich genau halb soviel wie gestern.

Schnell das Zelt aufgestellt

ups, das sieht ja toll aus hier drin

Ich fahre rüber zum See, stelle mein Zelt ganz einsam auf der anderen Seite auf und stelle fest, dass es ja noch wirklich früh am Tag ist. Also für meine Verhältnisse.

Toller Campplatz

Kann ich ja noch ein bisschen wandern gehen. Nur davor schaffe ich Vollhonk das ganze nochmals etwas härter als nötig zu gestalten. Auf dem Weg zu meinen Schuhen trete ich barfuß in einen spitzen scharfen Stein. Das Fjäll ist einsam und weit und ich denke, niemand hat mein Fluchen gehört. Es blutet wie die Sau und weh tuts auch noch. Mitten im Urlaub. Mann wie blöd kann man sein. Irgendwie habe ich kein Pflaster dabei, habe ich wohl irgendwann mal aufgebraucht. Ach doch Blasenpflaster, braucht man ja auch unbedingt im Motorradurlaub. Egal, bappe ich dass halt drauf, dichtet wenigstens ab. Auf die Idee dass ich einen Motorradverbandskasten mitführe (halt am Moped und nicht im Gepäck) komme ich übrigens erst zwei Tage später. Muss die dünne Luft sein…

Jetzt sitze ich ne halbe Stunde rum. Dabei ist es so wunderschön hier und ich wollte doch auch mal was für die Beine tun. Also nehme ich (ein paar) Schmerzmittel und laufe mal versuchsweise. Geht doch. Wie mein Schuh nachher aussieht, weil das Pflaster dem Druck nicht standhält, weiß ich jetzt ja noch nicht.

nach Verarztung geh ich wandern

Ich laufe am tosenden Bach entlang nach oben. Mit nicht wasserdichten Schuhen im Fjäll wie ein echter Outdooranfänger. Immer auf die Hubbel tretend und von Stein zu Stein springend bleibe ich aber trocken. Ausser einmal. Wie sich später allerdings rausstellt ists aber kein Wasser im Schuh, Ergebnis siehe ein paar Zeilen höher. Genug davon, die Landschaft ist wunderschön – mal wieder – der Weg angenehm. Mit jedem Meter sieht man mehr von den Gletschern gegenüber.

hinter jedem Hügel kommt ein weiterer

Ich bin auf 1400 Metern und mir wird dermaßen warm, dass ich sogar das Shirt ausziehe. Recht unerwartet warm so ein Norwegenurlaub.

Campingplatz mit Dusche

Ich besteige den Gipfel, auf den ich die ganze Zeit zulaufe. Doch wie das hier so ist, wartet dahinter noch ein nächster, höherer und ich wette dahinter… Aber ein Blick auf die Uhr sagt, ich sollte mal umkehren, Taschenlampe habe ich nämlich nicht dabei. Runter gehts natürlich schneller. Das Zelt ist längst im Schatten, also kehre ich mal in der Hütte ein.

Abends kehre ich in die Hütte ein

Computerarbeit

Man könnte auch sagen ich nehme im feinen Salon ein Kaltgetränk zu mir.

mit genialer Aussicht

Da sitze ich nun auf schicken Polstern und schaue raus in den Sonnenuntergang in den Bergen. Das ist ja maln Urlaub. Manchmal hat man ja bestimmte Vorstellungen. Und manchmal werden die ein wenig oder auch herb enttäuscht. Doch hier werden sie übertroffen. In allen Belangen, Wetter, Szenerie, das Fahren, alles super. Mal gespannt was noch so kommt, man soll den Tag ja nicht vor dem Abend loben…

Camping Krossbu