Um halb 7 weckt uns alle ein laufender Motor. Direkt neben uns. Irgendwann stehe ich auf. Wir wollten heute eh etwas früher aufstehen. Nur toll, dass die Jungs gestern Abend noch um 11 ihren Motor laufen ließen und uns am einschlafen hinderten. Wir können kein Auge mehr zumachen, ich mache uns fahrfertig uns steige aus um mich zu beschweren. Das soll sich gleich als Fehler herausstellen. Okay, ich habe mich vielleicht im Ton vergriffen, aber es ist immerhin noch vor 7 am Morgen.

Wie auch immer, es springt ein Typ raus und haut mir volle Kanne ins Gesicht. Und gleich nochmal. Ich bin so perplex, dass ich mich nicht mal wehre. Dann bin ich wach und kann ihn auf Abstand halten, er bekommt nur noch meinen Pulli zu packen und zerreißt den. Das darf doch nicht wahr sein. Natürlich ist Familie wach, und Gewalt ist ja wohl keine Lösung.

Ich habe die rettende Idee und nehme ihm die Brille weg. Nun kommt auch sein Kumpel dazu, der zum Glück etwas vernünftiger zu sein scheint. Er bringt ihn dazu wieder in den VW Bus zu steigen. Ich flüchte ins Auto und wir düsen los. Ein ganz toller Morgen, ich hab ne ziemlich blutige Lippe und Mara fragt, warum es so böse Menschen gibt. Ich weiß es auch nicht.

Jedenfalls sind wir ziemlich wach nun. Und erreichen die erste Fähre von Jura nach Islay um 7:45. Wer hätte das gedacht. Wir haben also jede Menge Zeit bis zur Warehouse Tour, also fahren wir nach Bowmore zu Polizei. Man will ja Abenteuer im Urlaub erleben, aber nicht unbedingt solche. Es ist ein Officer da, und der hört sich meine Geschichte an. Und meint, das kommt ja schon mal vor, dass die Einheimischen einen über den Durst trinken und sich handfest austauschen, aber das das jetzt schon die Touristen machen, das war noch nicht da. Ich kann Anzeige erstatten, dann würde der nette Herr für die nächsten Tage in U-Haft verschwinden, da Wochenende ist und am Montag Feiertag. Und dann wäre halt irgendwann Prozess. Oder ich kann das aufnehmen lassen und er will ihn finden und die Personalien aufnehmen lassen und erwirken, dass er sich nicht mehr uns nähern darf. Kurz gefasst, läuft ja auch alles auf englisch. Nach kurzer Diskussion entscheide ich mich für zweiteres, denn wenn er ermittelt ist, könnte ich immer noch Anzeige erstatten.

Dann gibt mir der Officer noch Stellplatztips, freie Stellplätze wohlgemerkt. Wer hätte das gedacht, Womos sind also hier von der Polizei auch ganz offiziell geduldet. Die meisten kennen wir allerdings schon, aber das ist doch mal sehr zuvorkommend.

Als das alles geregelt ist, können wir unseren Urlaub wieder aufnehmen. Auf (sehr) bekannter Strecke fahren wir nun zu Lagavulin. Sag niemals nie. Letztes Jahr hatte ich noch gesagt nie wieder Warehouse Tour, aber irgendwie hat es noch in den Zeitplan gepasst und ich habe doch noch eine gebucht. Zudem das Gerücht geht, das Iain in Rente gehen will.

Legend of Islay

Legend of Islay

Allerdings nicht für mich, da es 3:2 Touren für mich steht und so Sabine für Ausgleich sorgen kann. Also sitze ich nun mit Mara im Auto und knete Figuren mit Lillifee Knete. Ist aber gar nicht so schlimm, wie es sich anhört (bis auf die Farben vielleicht), denn es gelingt uns ganz gut.

kein schönes Bild - aber ein typisches

kein schönes Bild – aber ein typisches

Sabine bekommt derweil feinen Whisky ausgeschenkt. 12, 18, 23, 37, das ist doch schon was. Und die Gläser sind immerhin nicht noch kleiner geworden. Geht auch kaum, denn dann würden sie in Maras Playmobilschloß passen. Die Stories sind wohl wieder gut, Haare werden wieder mit Whisky gewaschen, also eigentlich wie immer. Sabine bringt mir netterweise auch noch bisschen was mit, so dass ich jetzt gerade beim Schreiben den 18er im Glas habe, übrigens den ersten Whisky des Tages – für mich. Also alles wunderbar. Die Terminplanung war übrigens doch nicht so super, denn nun müssen wir wieder quer über die Insel. Und Islay hat wirklich die schlechtesten Strassen in Schottland, da hat Iain recht. Wie auf hoher See fährt man hier durchs Moor. Und ab und an ein Hubbel oder eine Rinne, dass ich Angst habe das die Fahrräder hinten im hohen Bogen wegfliegen. Sind sie bis jetzt nicht, aber gebraucht haben wir sie bis jetzt auch nicht.

Bei Caol Ila ist Manager Masterclass angesagt. Dazu habe ich grad irgendwie keine Lust mit dicker Lippe. Als darf Sabine und ich gehe mit Mara in die nahe kleine Bucht Muscheln suchen. Das klappt sogar gut, außer das ich die Sonnenbrille vergessen habe. Die kommt nämlich heraus. Und so gehen wir im schönsten Sonnenschein gebückt über den Kiesstrand und suchen bunte Minimuscheln. Die sind teilweise echt schön. Und irgendwie sammeln wir den ganzen Urlaub Krebsscheren, hier ist jetzt die Masterclass Schere, so lang wie meine Hand und irgendwie ganz behaart, sehr furchteinflößend!

Strand mit Blick

Strand mit Blick

auf Jura

auf Jura

Währenddessen ist Mama bei ihrer Masterclass. Das ist wohl gut (O-Ton: ’sehr nett‘ aber das ist ja manchmal die kleine Schwester von …). Also gut, denn es werden verschiedene Dinge zum Essen zum Whisky gereicht. Es gab verschiedene Whiskies, 12, 18, 25, ? Feis Ile gepaart mit softem dann herbem Käse, dann Schokolade mit Caramel und Schokolade Zartbitter. Gereicht wurde das ganze in der nett eingerichteten Cooperage, aber es wurde schnell durchgeprügelt, 5 Whiskies in knapp 30 Minuten und am meisten hat die neue Managerin wohl über ihren Werdegang gelabert. Und die Portionen waren wohl auch eher winzig. So meinte dann auch einer der anderen ‚this was the worst tasting of all‘. Hehe dabei hat es Caol Ila eigentlich am nötigsten etwas positiv Image aufzubauen.

Masterclass? Schnell austrinken sonst ist er verdunstet!

Masterclass? Schnell austrinken sonst ist er verdunstet!

Nun gut, nach noch mehr Kritik gab es wohl noch einen kleinen Nachschlag, aber gut, das ich nicht da war, ich hätte mich wahrscheinlich auch aufgeregt. Aber ich war nicht dabei, habe nichts getrunken und so können wir gleich wieder wegfahren. Wir haben auch kein Photo von den Gebäuden gemacht, lohnt auch nicht, wer will kann sich ja die alten ansehen.

Jetzt haben wir späten Nachmittag, da können wir noch was von der Insel ansehen. Nur was? Alle schönen Wanderungen haben wir irgendwie schon gemacht, alle Sehenswürdigkeiten angeguckt. Also machen wir halt was doppelt. Der nette Polizist heute morgen hatte als Top Spot zum Übernachten den Strand von Loch Indaal empfohlen, wegen der schönen Sicht. Da fahren wir nun hin, denn wir wissen, dass es hier auch jede Menge Muscheln gibt.

Am Loch Indal

Am Loch Indal

Und das stimmt auch. Man kann hier auf kleinen, ganz kurzen Schotterstrassen ins Grüne nah am Strand fahren. Hier stehen sogar ein paar Zelte und Wohnwagen. Und die Muscheln sind auch noch, oder wieder da, von den Winterstürmen hoch an den Strand geworfen.

Mehr Muscheln als Sand!

Mehr Muscheln als Sand!

Über zwei Stunden laufen wir am Strand entlang, lang genug ist er ja. Und sammeln 20 kg Muscheln: schöne, bunte, große, interessante… unglaublich, was hier an biogenem Kalk liegt. Tochter ist begeistert und dafür war das ja auch gedacht.

Nun machen wir noch was für uns, denn wir müssen uns irgendwie noch etwas mehr bewegen. In den letzten Tagen haben wir doch etwas zu viel herumgesessen. Also fahren wir zum nahen Gruinart Reserve.

EIn toller Walk

EIn toller Walk

Da gibt es den kleinen, wunderhübschen Trail durch den Bluebell Wald und durch das kleine Moor. Manchmal verklärt sich ja was in der Erinnerung, und wenn man dann wiederkommt ist es gar nicht mehr so toll, wie zB das Laga Warehouse. Hier aber nicht, der Trail ist genauso toll wie vor zwei Jahren. Da wir ein paar Wochen später dran sind, ist es noch grüner und noch bunter. Allerdings ist der Ginster schon teils verblüht. Aber Bluebells über Bluebell unter grandios verwachsenen und bemoosten Bäumen.

Bluebells

Bluebells

In den zwei Vogelbeobachtungsverstecken (gibt es da ein kurzes deutsches Wort für? Hier hießen sie einfach Hides) gibt es wieder nichts tolles zu sehen. Okay, doch, ein paar seltsame Vögel erspähen wir schon, aber nur ganz weit weg. Wir sind wohl einfach nicht empfänglich.

Beweis: komischer Vogel gesichtet

Beweis: komischer Vogel gesichtet

Dafür stürmt Tochter vorne vor, sie will unbedingt noch mehr Vögel stehen. Stattdessen sehe ich ein Reh dekorativ über eine dieser hübschen, hübsch bemoosten und uralten Steinmauern springen.

Diese Krähen haben sogar einen hitchcockesken Krach veranstaltet

Diese Krähen haben sogar einen hitchcockesken Krach veranstaltet

Das Moor ist auch noch genauso hübsch. Das grün sieht aus wie frisch gemalt, ich habe noch nie so intensive Grüntöne gesehen, wie in Schottland.

Tochter rennt vor - wir hinterher

Tochter rennt vor – wir hinterher

Aber auch hier war es wohl ungewöhnlich trocken, denn der Sumpf ist es auch. Tochter findet es so schön hier (ist das nicht unglaublich? Irgendwo habe ich mal gelesen, das Kinder Landschaften gar nicht als toll empfinden, das setze erst später ein), dass sie gar nicht mehr weiter will. Also laufen wir den Bohlenweg mehrfach hin und her, ich bin nämlich schon mal schlechter gelaufen.

Im Sumpf - wobei sich Wetland irgendwie passender anhört

Im Sumpf – wobei sich Wetland irgendwie passender anhört

sehr malerisch hier

sehr malerisch hier

Oben am Aussichtspunkt mit Bank haben wir eine hervorragende Sicht. Sogar die Paps (of Jura) sind fast Wolkenfrei und ragen frivol hinter den normalen Islay Hügeln hervor. Und im Nordwesten scheint die Sonne orangerot durch die Wolken.

Aussicht

Aussicht

Der Weg ist eigentlich ein Rundweg. Aber bergab durch den Ginster ist nicht sooo spektakulär wie die hundert Meter durchs Moor. Also geben wir Tochter nach und laufen durchs Moor zurück. Und dann auch nicht an der Straße sondern durch den Bluebellwald. Toll, das haben wir jetzt noch gebraucht, es waren nur 4km aber ein wirklich toller Weg.

Tochter ist sauer, weil wir kein Haus im Sumpf bauen wollen...

Tochter ist sauer, weil wir kein Haus im Sumpf bauen wollen…

Da im Westen gerade so schönes Licht ist, fahren wir zur Machir Bay. Der Whiskykenner weiß, dass das bei Kilchoman liegt, deswegen aber nicht, sondern damit wir einen schönen Sandstrand morgen vor der Haustür haben.

Machir Bay

Machir Bay

Stellplatz: Machir Bay, leider ohne Sicht auf Meer und Strand aber auf die umliegenden Felder, Hügel und Kühe. Ist aber nicht weit zum Strand

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