Gestern war es schon zu. Dabei hatten wir doch erst 18 Uhr. Leichte Ironie, aber hier sind die Öffnungszeiten teilweise wirklich der langen Helligkeit angepasst. Deshalb starten wir heute einen neuen Versuch das Transport und Heimatmuseum Skogar zu besuchen. Doch nun, um kurz vor elf hat es offen und wir gehen rein. Der Eintrittspreis hat sich seit 2015 nahezu verdoppelt, nicht schlecht, aber wir sind inzwischen abgehärtet.

Das Museum besteht aus drei Teilen: Dem Transport und Telekommunikationsmuseum, dem Heimatmuseum und einem Außengelände mit verschiedenen Häusern und einer kleinen Kirche.

Im Transportmuseum

Als erstes nehmen wir uns den technischen Teil vor. Verschiedenes Handwerk ist hier ausgestellt, ein Schuhmacher, eine Sattlerwerkstatt und natürlich alte Fahrzeuge.

Der Sattler

Aber zum Beispiel auch Informationen über die Seekabelverlegung. Einige Transatlantikkabel laufen ja über Island. Schon 1906 wurde das erste verlegt. Was eine Leistung! Und man kann hier sogar verschiedene dieser Kabel in natura anschauen.

Kommunikation

Auch Telefone kann man bewundern, vom alten Holzkasten bis hin zum Handy. Genau, eine Sammlung Handys: Modelle, die wir schon benutzt haben, sind inzwischen im Museum gelandet. Man wird halt alt…

Also ganz spannend das Museum, wenn auch keine Riesensache.

Siedlungsgeschichte in Bildern

Nun gehen wir nach draußen. In einem losen Rund stehen 5 Häuser, grob nach Alter geordnet. Wir beginnen mit dem ältesten.

Ganz altes Torfhaus

Ein Gehöft aus Grassodenhäusern. Baujahr 1830 bis 1896. Es ist ganz schön eng und klein darin. Erinnert stark an die Crofterhäuser in Nordschottland, nur noch mehr in die Erde hineingebaut. Fast wie Hobbithäuser.

Werkstatt

Dann betreten wir etwas weiter oben die Schule von 1901. Sehr hübsch und sehr klein. Innen probiert Mara gleich mal die Schulbänke aus. Ja, da kann man gut sitzen.

Mara drückt die Schulbank

Am Waldrand entdeckt Tochter kurz darauf noch eine ganz andere Sorte Häuser. Elfenhäuser! Die schauen wir natürlich gleich an. Es zeigt sich aber wieder kein Bewohner derselben, also sowas!

Elfenhäuschen

Weiter am Weg liegt ein einzeln stehendes Holzhaus. Da auf Island aber Holz knapp war, ist dieses komplett aus Treibholz gebaut. Interessant. Es ist von 1878 und schon deutlich größer und großzügiger als die älteren Gebäude vorher. Man kann sogar über ein schmale, steile Stiege ins Obergeschoss klettern, welches auch sehr liebevoll eingerichtet ist.

schon etwas moderner – und größer

Um die Jahrhundertwende im Holzhaus

gut eingerichtet

früher war man etwas kleiner

Dann wartet wieder ein ganzer Hof auf uns. Nun von 1919. Die Räume sind wieder ein Stück größer und höher – und schön bunt!

bunt is beautiful

Zu guter Letzt besuchen wir die kleine Holzkirche. Außen ist sie allerdings neu, aber das Interieur ist 19. Jahrhundert oder älter. Und aus verschiedenen Kirchen der Gegend zusammengetragen. Aber wiederum sehr schön.

das Innere der kleinen Kirche

Nun noch ins Heimatmuseum selber. Das zeigt einen Querschnitt aus Handwerk, Landeskunde und Fischerei. Ganz nett, wenn auch teils nur maximal viele Ausstellungsstücke in den Raum gequetscht wurden. Dadurch etwas unübersichtlich, aber man kann immer was Interessantes entdecken. Wie zum Beispiel Bettbretter mit frommen Sprüchen. Die waren früher dazu da, dass bei mehreren Schläfern im Bett der äußere nicht raus fiel. Oder Schlittschuhe aus Knochen. Oder einen Schemel aus einem Walwirbel. Von den offensichtlichen Ausstellungsstücken wie einem kompletten Fischerboot mal abgesehen.

viele schöne Details im Heimatmuseum

Im Keller – den wir fast verpasst hätten – entdecken wir eine kleine naturkundliche Sammlung. So klein ist sie eigentlich gar nicht, sie hat nur sehr wenig Platz zur Verfügung. Dort sieht man zb eine ganze Sammlung Vogeleier in allen Größen, Skeletten von Vögeln und ausgestopfte Vögel. Darunter ist auch ein Papageitaucher. Das stimmt Tochter ganz traurig, dass er hier so tot und ausgestopft im Keller steht. Aber durch das dreisprachige Schild lernen wir, dass Papageitaucher auf isländisch Lundi heißt. Das findet Mara so süß, dass sie ab jetzt nur noch Lundi sagt.

hartes Leben damals als Fischer

Genug Museum für heute, jetzt wollen wir wieder in die Landschaft eintauchen. Auf dem Weg nach Osten passieren wir erst einen umgekippten Lastzug und dann einen riesigen Parkplatz an der Straße. Ohne Hinweisschild, aber eine Karawane an Menschen zieht von hier gen Meer. Kurzentschlossen parken auch wir unter den hunderten Autos. Und laufen dem Tross hinterher, sieht ja nicht weit aus.

tausend Leute laufe in eine Richtung

Von wegen. Selten so verschätzt. Der Weg zieht eben über die Sanderfläche, immer geradeaus. Extrem langweilig, und die Küste rückt nicht näher. So langsam wird das echt etwas zäh, vor allem weil wir nicht mal wissen, was es da eigentlich zu sehen gibt. Ein paar Robben?

zu diesem Ziel

Es sind keine Robben. Nach über ner halben Stunde latschen über den langweiligsten und staubigsten Weg der Welt sehen wir da Ende: Da funkelt etwas in der Sonne!

ein notgelandetes Flugzeug

Es ist ein Flugzeugwrack, das irgendwie hier hingekommen ist. Beim näherkommen sehen wir, es ist nicht mehr ganz intakt und scheint auch schon länger hier zu liegen.

Abends beim recherchieren erfahre ich, es war eine DC 3 der US Army, die hier 1973 wegen Spritmangels notlanden musste. Und alle Insassen haben überlebt.

schon etwas demoliert inzwischen

Das Wrack ist jedenfalls sehenswert. Auch wenn ständig Menschen drin und draufherum klettern. Lost Places Fotos sind unmöglich, eher ein Crowded Places Foto. Egal, denn auch die Landschaft drumherum hat nun was. Leicht hügelig erinnert das Terrain wirklich an eine Mondlandschaft.

schöner ist Mondlandschaft drumherum

Da drin laufen wir nun etwas herum und genießen die Kulisse mit grünen Bergen und Gletscher als Hintergrund.

Aussicht Richtung Gletscher

Wir wollten ja nur mal kurz schauen, wo die alle hinlaufen, haben kein Wasser dabei und das Mittagessen ist auch schon zwei Stunden überfällig. Doppellob an Tochter die das klaglos mitmacht und um 16:32 essen wir zu Mittag. Nunja ist ja auch länger hell hier. Das wir das heute bis zum Ende ausnutzen, wissen wir jetzt aber noch gar nicht…

versteinerte Trolle – oder Felsen

Nun fahren wir zum eigentlich Ziel des Nachmittags. Zum Kap mit einem mal wieder unaussprechlichen Namen: Kap Dyrholaey.

Vulkanstrand

Wahrscheinlich habe ich es auch noch falsch geschrieben. Wie auch immer, die Fahrt ab der Ringstraße bis hin ist schon ein Erlebnis. Satt grüne Wiesen unter Basaltfelsen und in der Ferne das Meer. Den Andrang angepasst ein Riesenparkplatz. Da ich was von Vogelbeobachtung in einem unserer zahllosen Reiseführer gelesen hatte, packe ich noch kurzentschlossen das 600er Tele ein. Eine gute Entscheidung!

mit Eiderenten

Denn wir stellen uns an die erste Klippe – und ein Papageitaucher flattert an uns vorbei. Flattert ist wirklich der richtige Ausdruck, denn im Landeanflug stehen diese drolligen Vögel fast in der Luft und sehen aus wie fliegende Pinguine. Abwärts können sie aber auch Pfeilschnell.

Lundi!

Also hier sind Papageientaucher, und richtig viele! Hatten wir auf den Shetlands ein paar Anläufe gebraucht, so haben wir sie hier nach 10 Sekunden vor der Nase. Wir stehen und machen Foto um Foto. Einen startenden abzulichten ist aber nicht einfach, denn sie düsen unvermittelt los.

Papageitaucher leben in Erdhöhlen

Die Kulisse ist natürlich auch nicht zu verachten. Schwarze Basaltklippen stürzen jäh ins Meer. Im Hintergrund stehen die versteinerten Trolle im Wasser und links lauert der Katla Vulkan auf neue Opfer.

oder Felsnischen

Also wirklich dramatisch hier. Allerdings bricht der Vulkan gerade nicht aus. Und es ist alles dermaßen abgesperrt, dass kein Tourist von der Klippe stürzt. Und die Trolle haben sich die letzte halbe Stunde nicht bewegt.

todesmutig stürzen sie sich nach unten

Doch alles ganz entspannt. Außer Tochter, die sich langsam beschwert, dass wir nicht immer hunderte Fotos machen sollen. Aber die Lundis findet sie dann doch süß.

ein lustiger Vogel

Irgendwann reicht es aber – vor allem unserem Nachwuchs – und wir wandern zum Westteil der Klippe. Von hier schaut man auf das Brandungstor vor Islands südlichstem Punkt. Allerdings nur zum Teil, macht aber nichts, die Szenerie ist auch so schon hervorragend.

Wilde Südküste

Basalttor

Als wir uns auch daran sattgesehen haben, kehren wir zur Ringstraße zurück. Nun bricht die Sonne zwischen den Wolken hervor. Was ein Anblick! Grüne Hügel und der drohende Gletscher darüber. Wir halte direkt auf der (Neben!)Straße zum Fotos machen.

Blick nach Norden

und nach Süden

Ja das macht Spaß in diesem Licht nun zu fahren. Doch weit kommen wir nicht, da weist ein Schild Richtung Black Beach. Schnell nachgelesen, umgedreht und dort eingebogen.

Wir landen auf einem wunderschönen Strand. Pechschwarze Lava, eingestreut grauer Basalt. Davor das weißschäumende, blaue Meer und dahinter, beziehungsweise fast darüber die rotgrüne Steilküste. Aus der ziehen in Scharen wieder Papageitaucher über uns hinweg in Richtung Meer.

wir vertreiben uns die Zeit am Strand

Ein toller Anblick dieser Strand! Ich vergaß ja noch die Basaltsäulen zu erwähnen. Und die riesigen Höhlungen im Fels. Und die zu Stein erstarrten Trolle, die nun ganz nah sind…

Wahnsinn

Wir vergessen tatsächlich die Zeit. So mal richtig komplett. Als ich mal beiläufig auf die Uhr schaue ist es nämlich halb neun!

Basalttheater bei Vik

Wir reißen uns also endlich los, die Sonne verschwindet sowieso wieder hinter Wolken. Und fahren nun weiter gen Osten. An Wik vorbei, der Camping dort sieht nun wirklich nicht sehr einladend aus.

Black Beach

Und dann über endlose Sanderflächen und genauso endlose Lavafelder, alles von den Gletscherläufen der letzten Jahrhunderte geschaffen. Was ein Gletscherlauf ist, werde ich mal die nächsten Tage erläutern.

Camping am nächsten Morgen

Stellplatz: Camping Kirkjubaerklaustur, hier war ich schon mal auf der Anreise