Ohne Kater wachen wir auf, es lohnt sich also nur guten Whisky zu trinken. Es hat die Nacht gehörig geschüttet, aber nun ist es tatsächlich trocken. Aber nicht allzu lange, macht aber nix, denn wir haben ja Indoor Aktivitäten gebucht.

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Lagavulin – früher Insidertipp, jetzt auch schon vom Hype erfasst

Aus diesem Grund brechen wir auch gleich nach dem Frühstuck zu Lagavulin auf, das praktischerweise gleich um die Ecke liegt. Dort habe ich die Warehouse Tour gebucht, aber ich bin gespannt, ob man die Laphroiag Expierience von gestern noch toppen kann? Ich nehme es mal vorweg: man kann! Es geht schon so los, dass wir eine Stunde vor der gebuchten Tour ins VistorCenter einlaufen und ich die Tour bezahlen will. Sabine fragt ob man als Friend of Classic Malts irgendeinen Vorteil hat. Die Dame an der Rezeption meint, klar, freien Eintritt für die Standard Tour, die hat gerade begonnen, sie bringt mich noch hin. Also renne ich hinter ihr her, und schwupps beginnt die Tour. Same Procedure as last day aber diesmal mit 15 Leuten und bei Diageo. Also no Photos, no Kids, aber auch hier darf man den Worth probieren und der schottische Accent ist tatsächlich nicht ganz so breit wie bei L. Im Stillroom läuft uns auch Iain über den Weg. Meine Hoffnung steigt, dass er dann vielleicht auch die Warehousedemonstration machen wird.

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Iain McArthur

Nach der Stunde sind wir durch und landen im Warehouse. Ein Teil der Leute wird hinauskomplementiert, ein paar neue kommen hinzu und Iain begrüßt uns. Wunderbar, denn jetzt geht’s rund. Ein wirklich interessanter Typ, der mit jede Menge Witz die verschiedenen Whiskies, die wir jetzt in grandiosen Mengen bekommen, erläutert und natürlich jede Menge Anekdoten auf Lager hat. Er gilt ja als Koryphäe und hat auch wirklich eine Präsenz, die keine Langeweile aufkommen lässt.

Die Flüssigkeit, die es jetzt im rasanten Tempo in die Gläser gibt, allerdings auch nicht.

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1966!

Leider bekommen ich jetzt schon nicht mehr alle zusammen, aber es gab New Make (sehr trinkbar übrigens, 70% Alkohol, metallisch zwar, aber nicht dominierend), einen O-Ton „Baby“ Lagavulin (9 Jahre, Haha, das ist bei anderen Destillen schon ein alter), einen 14jährigen Sherry Fass, einen 15 Jährigen (Double Matured???, bin nicht mehr sicher) dann einen 31jährigen (der war richtig gut, super komplex, sanft rauchig, extrem langer Abgang) und zum Abschluß einen von 1966 (!). Und das nachdem man sowieso nicht mehr gerade sitzen konnte morgens ums 11Uhr.

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Iain in action

Ehrlich gesagt wars nicht der beste, das war der 31jährige, aber trotzdem ein Erlebnis einen so alten Whisky im Glas zu haben. Der Rauch fast komplett abgebaut, extrem sanfter Alkohol und einen Hammerholzton. Und ich versuchte mir auch vorzustellen, dass ich gerade mindestens 50 Pfund in der Hand halte. Genau in dem Moment erläutert Iain, dass wenn es Flaschen von diesem als Originalabfüllung zu kaufen gäbe (was es allerdings nicht gibt, nach seinen Aussagen ists das einzige 66er Fass, das Lagavulin noch hat), dann wären diese zu Preisen ab 4000 Pfund aufwärts zu haben, pro Flasche wohlgemerkt!

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Warehouse Lagavulin, hier liegen Millionen

Die Schwedin die diesen Tropfen abfüllen durfte, war denn auch so nervös, dass sie auch noch was verschüttete, was sie noch aufgeregter werden liess ;). (Anm.: Meine persönliche Vermutung ist allerdings, dass der 66er„Whisky“ die 40% Alkohol nicht mehr schafft, und deshalb auch gar nicht mehr als Whisky verkauft werden dürfte). Also ein Erlebnis ohne gleichen, nach 1,5 Stunden wanken alle Beteiligten aus dem Warehouse mit glücklichem Grinsen im Gesicht. Iain hat mindestens 2cl Drams ausgeschenkt, ich denke meistens eher 4cl, ich muss das Glas zu Hause mal ausmessen. Es hat sich auf jeden Fall gelohnt, vor allem, wenn man bedenkt, dass diese Tour nur 15 Pfund gekostet hat.

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Feis Isle Bottle 2013, signiert von Iain

Im Shop sichte ich dann auch noch die limitierten Feist Isle Bottles 2013, davon müssen gleich noch zwei mit, über den Preis schweigt jetzt aber der Gentleman. Zur Krönung läuft auch noch Iain vorbei und ist auch noch bereit mir eine Flasche zu signieren. Die kriegt einen Ehrenplatz in unserer Bar.

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Bowmore Destillery, mitten in der Stadt gelegen

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Black Bowmore gabs nicht zu sehen, aber den ’57er

Nunja, das ist aber noch nicht alles. Ich hab ja noch die Craftmans Tour bei Bowmore und bin aber jetzt um 12 Uhr mittags schon bedient. Sabine fährt uns also nach Bowmore, wo wir erst mal zu Mittag essen und ich mich etwas sortiere um dann um zwei zur Tour auf der Matte zu stehen. Ich frage mich schon wieder, wie man das eben erlebte toppen kann, da müssten die ja einen Black Bowmore auffahren. Das tun sie natürlich nicht, aber die Tour geht los mit mir – und meiner netten Guide Lynn. Also Privatführung, das ist ja mal nett. Als ich frage wie lange es etwas dauert, meint sie kommt drauf an wieviel ich sehen will und wieviel trinken…und schenkt mir erstmal einen ein zum aufwärmen..
Die Tour ist dann tatsächlich seeehr ausführlich! Ich darf überall reinkriechen, anfassen, reingucken, fotographieren, der Dame Löcher in den Bauch fragen und und und. Da ja die Whiskyherstellung überall gleich ist, schreibe ich hier nur mal nieder, was bei Bowmore oder der Führung anders oder interessant für mich war. Die meisten Brennereien mälzen ja nicht mehr selber, Lagavulin zb seit 40 Jahren nicht mehr, Laphroiag nur 10%, Bowmore mälzt wohl 40% selber, und das auf traditionellen  Böden in Handarbeit. Getrocknet wird natürlich über Torfrauch, ca. 10h, dann über Heißluft für  weitere 40 Stunden in einer riesigen Kiln. Der Produktionsprozess vom Mälzen über Mahlen, Fermentieren usw wird tatsächlich alles noch in Handarbeit mit Rädern und Schaltern statt Computersteuerung und Schrittmotoren gemacht. Erstaunlich, Bowmore hat ja schon einen gewaltigen  Ausstoß.

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Brennblasen Bowmore, Stillman

Die Brennblasen sind wie erwartet kurz und dick, aber mit einen aufsteigenden Kodensationsrohr. Dies sorgt wohl für einen softeren Whisky da mehr schwere Fusole wieder zurücklaufen. Laga hat ein fallendes Rohr, macht sich im deutlich heftigeren Whisky bemerkbar, Ardbeg hat wahrscheinlich gar keins, haha, werde ich ja morgen rausfinden. Ich bin übrigens genau am Ende der Still Season da, dass heisst, die Produktion wird gerade angefahren, die Wash tuns laufen und die Brennblasen werden hochgeheizt, damit man in ein paar Stunden mit dem Brennen beginnen kann. Der Stillman ist anwesend und zeigt mir einen fast 10cm starken kohleähnlichen Brocken, der stark verbrannt riecht. Das sind die Rückstände von mehreren Jahren Brennbetrieb zwischen den Heizplatten in der Blase, die während der Brennruhe entfernt wurden.

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Man beachte das Hight Tech Schloss

Aus dem Brennraum geht’s dann ins Warehouse Nr.1, legendär natürlich, da es teilweise unter dem Meeresspiegel liegt. Vorne drin ist ein Glaskasten, der Besucherraum, gerade frisch renoviert und lackiert, der null Atmosphäre versprüht, aber Lynn schliesst die Tür auf und wir gehen rein ins Allerheiligste. Hier ist die Atmosphäre dann auch wirklich ganz besonders. Wie in einem ganz alten Weinkeller ist es feucht und modrig, aber deutlich kälter. Dazu kommt der Geruch nach altem Holz und Whisky,

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Baudoinia compniacensis

an den Wänden zentimeterdick der Fungus (Whisky-Pilz, Baudoinia compniacensis), der vom Angels Share lebt und natürlich stapelweise Holzfässer. Diesen wenden wir uns dann auch zu und ich darf mir aus verschiedenen Fässern Whisky heben. Zuerst ein extrem fruchtiger Ex-Bourbon mit toller Nase (12Jahre, wohl sehr ähnlich dem diesjährigen mashmen select), dann ein 16er Sherry Fass. Das Fass wird von uns zum ersten mal geöffnet, wir hämmern bestimmt mehrere Minuten drauf herum, bis es auf geht. Dieser hat eine tolle Farbe (klar, Sherry Cask) aber null Nase und ist auch eher mittelmässig im taste, der Abgang ist kurz und seltsam trocken. Ich erlaube mir zu sagen, dass dieser doch eher intermidiate sei, worauf sie auch probiert und mir mir dann auch zustimmt.

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Nr. 1 Vaults, hinten links fand das Tasting statt

Daraufhin öffnen wir noch ein Fass und entnehmen fast vom Grund einen richtig schön roten Sherrywhisky zusammen mit Kohlestückchen. Optisch schon ein Hingucker, aber auch die Nase ist wunderbar dunkel fruchtig und der Geschmack enttäuscht nicht, ein langer Abgang mit feinem Rauch unterstreicht das Erlebnis noch. Bis jetzt der beste Bowmore, den ich im Glas hatte. Leider bin ich über das Alter unsicher, aber ich glaube 88 stand auf dem Fass, würde auch zum Eindruck passen.

Zwischendrin kommt auch eine Tour mit bestimmt 20 Leuten in die Besucherglasbox vorne und alle starren uns durch die Scheiben an, wie wir zwei zwischen den Fässern stehen mit einer Reihe Gläser vor uns aufgebaut. Ich komme mir etwas komisch vor, und bin jetzt auch auf einigen Bildern (mit Blitz durch Glasscheibe, aua) drauf.

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Bowmore Bar

Zu guter Letzt verlassen wir leider diesen schönen Ort und enden in der Bowmore Bar mit schöner Aussicht übers regenverhangene Meer. Ich bekomme noch einen 25jährigen ins Glas und werde mit dem Hinweis verabschiedet, dass ich mir jeden weiteren aus der erweiterten Range bestellen dürfe. Leider bin ich schon weitgehend abgefüllt, so dass ich erst mal versuche den 25 jährigen angemessen zu würdigen. Er ist wirklich schön rund, natürlich nicht so sherrylastig wie der aus dem Warehouse, dafür aber etwas rauchiger und enorm komplex. Zudem probiere ich noch den Springtide, den 18jährigen und den Darkest. Hier stelle ich dann auch fest, dass meine Geschmacksknospen jetzt doch endgültig Feierabend haben und ich lasse es gut sein.

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Port Ellen Maltings

Fazit: ein Wahnsinns Whiskytag! Die meisten, die ich heute probiert habe, wären es wert gesondert und einzeln an einem ganzen Abend probiert zu werden. Echt schade, dass ich noch nicht mal Zeit hatte mir Tastingnotizen zu machen, aber bei den fast 20 Drams heute, wundere ich mich echt, dass ich überhaupt noch schreiben kann.

Apropos schreiben, Sabine hat uns dann alle über die netterweise schnurgerade Strasse nach Port Ellen zurückgefahren, wo wir jetzt am Strand in Sichtweite der alten Brennerei und des modernen Mälzbetriebs stehen. Während ich dies schreibe strömt auch ab und zu strömt auch der Duft von verbranntem Torf herüber, während ich eh noch das Gefühl habe, Torfrauch auszuatmen.

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Port Ellen Port I

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Port Ellen Port II

Stellplatz: Port Ellen, Parkplatz am Strand in Sichtweite der Port Ellen Maltings

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