Ich wache auf. Es riecht extrem nach Katzenklo. Was kann das sein, ich hab doch gestern nach dem Duschen nen Satz frisch Klamotten angezogen? Ich bin es nicht, es ist auch nichts IM Zelt. Als ich endlich aufstehe, sehe ich die Bescherung. Einer von den zahllosen Katern hier auf dem Platz hat wohl mein Zelt heute Nacht als seinen Besitz markiert. An jeder Seite, und damit meine ich: An jeder Seite! Also sechs mal Katerpisse, die bestialisch stinkt.
Ich rücke dem mit Klopapier und Wasser zu leibe, kann aber nicht viel ausrichten. Hätte ich nen Grill dabei, es gäbe nachher Kater am Spieß!
Über langweilige Straßen fahre ich nach Südwesten. Immerhin sorgen ein paar Ortsnamen für Heiterkeit. Wer will schon in Barbusi oder Aqua Caputo wohnen?
Dann gehts endlich links ab zu den Salinen. Der Ort, der dahinter liegt ist auf dem Schild aber übersprayed. Noch denke ich mir nichts dabei und düse geradeaus durchs Grün. Bis vor ein Weiterfahren verboten Schild. Nunja Schilder, vor allem Verbotsschilder beeindrucken ja auf Sardinien niemanden groß. Beeindruckender ist leider das zusätzlich geschlossene Tor. So ein Mist, in der Ferne sind sogar schon die Salzberge zu sehen. Kehre ich also wieder um und fahre halt weiter die langweilige Straße lang.
Inglesia bietet immerhin eine nette Stadtdurchfahrt und dann darf ich endlich ins Minengebiet abbiegen. Der kleine Weiler San Benedetto hat wohl auch schon bessere Zeiten gesehen. Im Kinderspielplatz wächst meterhoch das Unkraut und das Dorf sieht auch nicht besser aus. Ist wohl etwas her, dass hier die Erzbetriebe zugemacht haben.
Wie lange wirklich, das werde ich gleich sehen. Zunächst fahre ich aber entspannt auf einfacher Schotterstrecke bergan und sehe bald im Tal zerfallende Gebäude und alte Loren herumstehen.
Dann erreiche ich einen Pass und verliere wieder an Höhe. Rechts in der Ferne stehen wieder alte Gebäude herum. Hier führt praktischerweise auch ein Weg hin, also holpere ich diesen entlang. Es ist wohl eine alte Siedlung, Gebäude in alle Zerfallsgraden stehen hier herum. Ich laufe eine Zeitlang herum und schaue mir ein paar davon an. Deutlich zerfallener als die Mine gestern. Leider finde ich die alten Schächte nicht, die es hier geben soll.
Wieder den Weg zurück bis zur Abzweigung und nun auf passabler Piste das Tal weiter hinunter. Pünktlich als mein Magen sich meldet, lugt rechts ein wildromantischer Picknickplatz unter Bäumen hervor.
Da sitze ich nun, höre nur Vogelgezwitscher und habe dank dem Supermarkt gestern nur lecker Sachen zu essen! So schlecht ist der Tag dann doch nicht, aber da kommt noch was.
Doch erst kommen die nächsten Bergbaurelikte. Ich passiere einen Förder(?)turm und halte kurz danach an einem Gebäudekomplex.
Hier wurde wohl alles damals (wann?) bei Aufgabe stehen und liegen gelassen. Zumindest was man nicht tragen konnte. Es handelt sich laut Tourbook um eine Erzwäscherei, nur kann ich mir darunter nichts vorstellen, saubergemacht werden sie es wohl kaum haben?
Jedenfalls stehen jede Menge skurrile metallene Maschinen in den zerfallenden Gebäuden. Das schaue ich mir natürlich genau an!
Toll, ich erschrecke mich richtig, als plötzlich ein paar Vögel aufflattern, wirklich leicht gespenstisch hier drin. Dafür sieht der Teich davor richtig lieblich aus – wahrscheinlich ist er aber hochgiftig.
Das war toll. Was jetzt aber folgt, treibt mir den Angstschweiß ins T-Shirt. Der Track, der bis jetzt eher harmlos wahr, wird nun richtig heftig. Steil und steilst gehts bergab, über grobes Gestein und Fels hinweg, dazu schmal. Ich taste mich im Leerlauf nach unten.
Das nimmt gar kein Ende, laut GPS bin ich aber auf dem richtigen Weg. Der ehr wie ein extremer Wanderweg wirkt. Nach endlosen Kehren lasse ich das heftige Teilstück endlich hinter mir und nun gehts entspannter weiter nach unten. Ne kleine Pause wäre ganz recht.
Da kommt ein paar hundert Meter vor der Teerstraße eine kühle Quelle doch gerade recht. Da stoppe ich – und kippe um! Scheiße, bauchlings liege ich Dreck, hinter mir das Motorrad. Na ganz toll, wie hab ich das jetzt geschafft?
Vor der blöden Quelle ist eine kleine Rinne, da bin ich reingetreten, und ohne Bodenkontakt – rumms. Am meisten angekratzt ist mein Ego, die Sturzbügel haben eigentlich alles abgefangen, bis auf den Bremshebel, der ist an der Sollbruchstelle abgebrochen. Naja der Protektor von Triumph ist ja nur aus Weichplastik.
Zum Glück bin ich ganz allein hier, hat keiner den Stunt gesehen und ich hab auch nichts ausser jede Menge Staub an den Klamotten. Und ich hab ja ne Quelle, wo ich den ganzen Staub aus den Klamotten waschen kann.
Etwas gedämpft fahre ich nun weiter. Da fahre ich die härtesten Piste um dann vor einer Quelle einfach umzukippen. Foto davon habe ich natürlich auch vergessen, so sauer war ich. Aber, eigentlich müsste die Helmkamera doch mitgelaufen sein. Beim nächsten Stopp will ich mir das mal anschauen. Nix drauf, auch die ganze harte Piste nicht, denn ‚Speicherkarte voll‘. Tja nicht mein Tag heute.
Ich habe keine Lust mehr, auch wenn ich wieder am Meer sogar an Flamingos vorbeifahre. Der nächste Campingplatz, der offen hat, soll es sein. Gar nicht so einfach, hier gibt es gar nicht viele und noch weniger offene.
S‘ena Arrubia, was immer das auch heißt hat auf seiner Homepage keine Öffnungszeiten, laut App aber offen.
Ich düse über rechteckige Straßen an unzähligen Traktoren vorbei. Im Mai der sardische Bauer seine Felder mit Gülle düngt, würde ich mal behaupten. Und stehe vor einem geschlossenen Tor. Oh man, heut ist wirklich nicht mein Tag. Doch eine Seitenpforte steht offen! Da stürmen grad eine Anzahl Hunde raus. Wild sehen die aber nicht aus, vielleicht ist doch jemand da. Ich traue mich mal vorbei.
Und tatsächlich, eigentlich ist der Camping noch geschlossen, aber für 8 Euro darf ich trotzdem drauf, Duschen und Toiletten sind offen.
Na also, jetzt bin ich sogar extra früh auf nem Camping und es geht kein Wind. Kann ich mich endlich mal raussetzen zum schreiben und lesen. Von wegen, hier gibts nämlich ganze viele Strandseen und Sümpfe. Und was lebt da? Myriaden von Stechmücken. Schon beim Zeltaufbau werde ich x-mal gestochen.
Ich flüchte zum Strand. Strand = Wind = keine Mücken? Funktioniert. Nur das Abendessen muss diesmal im Katzenklo, vulgo Zelt eingenommen werden.
Zum Strand kehre ich dann zum Abendspaziergang zurück. Den ich passenderweise natürlich zum Sonnenuntergang mache.
Und der ist nahezu perfekt. Endlich bin ich ja an der Westküste angelangt.