Um 7 klingelt der Wecker. Bäh, ich bin kein Frühaufsteher, aber die Fähre wollen wir ja nicht versäumen. Also schmeisse ich mich mich aus dem Bett und fahre vom Parkplatz in die Schlange vorm Anleger. Unser Ticketausdruck wird kurz gecheckt und dann heissts warten. Irgendwann stehen auch die Damen auf und kurz später gehts los. Erst die Autos, und dann die Trailer und dann die paar Lieferwagen und wir. Doch plötzlich Stillstand und großer Auflauf an Arbeitern auf der Rampe. Genau auf der Auffahrt ist einer der Trailerrangiertriebköpfe (tolles Wort, keine Ahnung, wie die heissen) liegen geblieben. Großes hin und her und nichts geht mehr. Na, wir warten ab, wir habens ja auch nicht sonderleich eilig, hinter uns werden einige aber langsam nervös. Irgendwie schaffens die Jungs den Trailer auf die Fähre zu schleppen und den kaputten Triebkopf mit einem Gabelstapler, der nur noch auf zwei Rädern fährt (weil er hinten abhebt) von der Rampe zu ziehen Jetzt müssen alle hohen Autos rückwärts rein. Wir sind unter den letzten. Die Fähre legt auch schon ab, da sind wir noch gar nicht ausgestiegen. Tatsächlich nur mit 5 Minuten Verspätung.

Das kann man bestimmt locker aufholen, denk ich noch. Das das nicht klappt weiss ich noch nicht. Erst mal gehn wir in den Aufenthaltsraum. Kaum verlassen wir den Scapa Flow wird die See recht rau. Wie war das mit dem Kat und den Anschnallgurten? Beim Kaffee bzw Teeholen hebe ich fast ab. Hoffentlich halten die Seabands auch auf See, was sie versprechen. On the road hats ja hervorragend geklappt bis jetzt. Leider müssen wir sie in Road Bands umtaufen. Tochter wird immer schlaffer, wir halten schon ne Tüte bereit und dann wird Neptun geopfert. Mist, auch uns ist etwas unwohl, das Schiff hüpft über die Wellen und wir zählen die Minuten. Der Käpt holt aber die Verpätung nicht auf sondern mit ner Viertelstunde Verspätung kommen wir an. Macht nix, ich bin eigentlich dankbar, sonst wär das ja noch schlimmer geworden.

Als erstes dürfen wir jetzt runterollen. Wir wenden uns natürlich gleich nach Osten dem Ducansby Head zu. Ohne weitere Zwischenfällen erreichen wir auch den exponierten Parkplatz im äussersten Nordosten Schottlands. Überrascht registrieren wir, dass die No Overnight Schilder wohl abgeschraubt sind. Schön, aber wir regenieren erst mal und frühstücken dann in aller Ruhe. Währendessen schauen wir den Wohnmobilen und Reisebussen zu, die im Viertelstunden Takt auftauchen und nach ebendieser Zeit wieder abfahren. Man fährt hier ans Ende der Welt um dann nur zur Infotafel und zurück zu gehen?

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Die Stacks of Ducansby

Egal, wir wandern dann mal los Richtung Ducansby Stacks. Die sind auch schon nach 5 Minuten in der Ferne zu sehen. Immer hart am Klippenrand laufen wir nun nach Süden. Der Wind ist tatsächlich deutlich milder als auf den Orkneys, die Windstärke ist dafür umso stärker. Es bläst so, dass die Bänder von Maras Sonnendach an der Trage pfeifen – unglaublich. Auf dem Weg öfnnen sich immer neue Blicke auf die Felsen und die Buchten tief unten. Wir folgen dem Zaun bis er aufhört und uns auf die Weide entlässt. Hier laufen wir noch ein kleines Stück bis wir den perfekten Blick auf die vorgelagerten, verwitterten Felsbrocken haben. Diese sind von unzähligen Vögeln bewohnt, die aber zuweit weg sind um Papageientaucher unterscheiden zu können. Seit Tagen wollen wir diese putzigen Tiere sehen. Bis jetzt aber Fehlanzeige, Millionen Möwen, Tausende XY und ebensoviele xx haben wir dafür schon gesehn und abgelichtet. Laut Reiseführer sollen hier in den Felsen 20 Paar nisten. 20 Paare unter 10000 anderen schwarzweissen Vögeln, wir glauben nicht wirklich dran, aber Tochter ganz fest.

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Schaf mit Stack

Hier ist auf jeden Fall unser Umkehrpunkt. Auf dem Rückweg wählen wir eine andere Route, die uns bis hinter den Leuchtturm führt. Hier gibt es noch kleinere Felsen im Meer, die dafür aber näher sind. Wie immer checke ich schnell die tausend schwarz-weissen Viecher gegenüber. Moment das da hinten sieht nach einem Farbklecks aus. Schnell fährt Sabine 600mm Tele aus. Tatsächlich da sitzen zwei Papageientaucher. Der Verschluss klickt und wir alle drei sind ganz aufgeregt. Komisch wo wir doch eigentlich gar nicht so auf Vögel stehen. Mara freut sich total, und wir müssen ihr versprechen, Bilder der Puffins auszudrucken und in ihrem Zimmer aufzuhängen.

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Da sind sie endlich: Papageientaucher!

Ein paar Meter weiter findet sich noch eine altes Tor im Zaun. Ich entwirre den Draht, wir treten durch und finden einen Pfad, der uns zu einem super Ausguck auf die Klippen und zum benachbarten Fels führt. Leider erspähen wir keinen weiteren Puffin, und die anderen Vögel sind halt Vögel. Zudem ist der Guanoduft auch nicht zu verachten. Also steigen wir wieder hoch zum Hauptpfad und weiter zum Leuchtturm, der natürlich – wie alle anderen in Schottland – nicht zu besichtigen ist.

Reisebericht_Wohnmobil_Schottland2014_1879Nette Wanderung mit tollen Ausblicken und das wir jetzt am Ende des Urlaubs endlich diese Vögel sehen, das ist natürlich toll.

Jetzt gehts nach Süden! John o’Groats und seine Reisebusse lassen wir links liegen (eigentlich rechts) und fahren auf guter Strasse zur alten Wikingerstadt Wick. Stadtbesichtigung liegt uns aber nicht im Sinn sondern dort gibt es, wer erräts?

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Old Pulteney – alt und düster

Richtig eine Whiskybrennerei namens Old Pulteney. Auf Old Pulteney sind wir letztes Jahr gestossen, da er in Murrays Whiskybibel 2013(LINK) zusammen mit dem Uigedeal (meinem Lieblingswhisky, und das war er schon bevor ich dies gelesen habe!) die höchte Punktzahl bekam. Und in Seumas Bar auf Skye haben wir uns dann mal den 17er und 21er (Murrays Best) gegönnt. Und obwohl ich auf Rauch stehe haben uns die voluminösen Vanillebomben gemundet. Jetzt schliesst sich der Kreis, wir landen also am Herkunftsort des Ganzen in Wick. Aus dem empfehlenswerten Buch ‚Whiskytrails‘ erfahre ich dass nur um 11 und 14 Uhr Touren angeboten werden. Doch die Strassen sind gut, um auch da einen Bogen zu schlagen, und weit vorher stehen wir vor der Tür. Dunkel und düster wie ein altes Fabrikgebäude präsentiert sich die Destille. Es liegt auch in einer Art Industriegebiet, alles ist alt und schwarz und das hat einen gewissen Charme. Also schnell rein und Tour gebucht, dann wieder raus, zu Mittag gegessen und wieder rein. War jetzt nicht so stressig, wie sichs anhört…

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Brennblase wie vom anderen Stern

Ich darf die Tour machen, gebucht habe ich die Conosseurs Tour mit drei Drams am Ende. Wir sind nur zu fünft, alles Deutsche übrigens. Die Brennerei ist erstaunlich klein für die 1,3 Millionen Liter Alkohol, die hier im Jahr produziert werden. Des Rätsels Lösung: Das ist das Maximum. Sie sind voll ausgelastet, es wird 24h gearbeitet. Die Whiskyherstellung wird gut erklärt, drei interessante Sachen gibts, die Washtuns sind aus Stahl, nicht Edelstahl oder Holz, die Brennblasen haben eine wirklich interessante Form mit Kühlung im Hals und die Wärmetauscher sind einfache Bottiche ausserhalb.

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Die Old School Wärmetauscher

Gerade die Brennblasen finde ich faszinierend, wenn die hier peaten würden, käme da sicherlich was hammerhartes raus. Auch das Warehouse ist mal was anderes, es ist nämlich riesig und ein Hochregallager. Das hat bestimmt nicht die Atmo wie das Warehouse Nr.1 bei Bowmore aber die Größe reisst raus.

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Old Pulteney Warehouse

Nach der netten Tour, bei der man übrigens überall fotografieren durfte, gehts in den nett gemachten Tasting Room und es gibt den 12, 17 und 21 jährigen. Der 12 jährige ist kein schlechter, aber richtig gut ist auch anders, während 17 und 21 schon wirklich gut sind. Der 17er mit seinen dunklen Früchten und leichtem Vanillaanklang ist ein schöner balancierter Whisky aus Sherry und Bourbonfässern, während der 21er eher den Ex-Bourbon Charakter mit reichen Vanilletönen verrät. Die Dame schwätzt uns noch das neueste Produkt des Hauses auf, einen Whiskylikör, örks, Honig esse ich aufs Brot. Und stecke es nicht in Whisky…

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Whiskymachen – ganz einfach, alles auf einem Display

Fazit: Obwohl meine wahscheinlich 15te Tour durch eine Brennerei hat es sich gelohnt. Kleine aber feine Brennerei, die interessante Whiskies macht. Die Preisleistung kann allerdings nicht mit den Islay Touren mithalten. 15 Pfund für drei winzige Portionen, Glas gibts auch nicht, Tour ist kurz aber ausreichend. Weiter gehts, bevor aber jetzt jemand denkt ich fahre besoffen Auto: den 17er habe ich mit Sabine geteilt und den 21er nur verrochen und abgefüllt für abendliches Tasting.

Unser nächstes Ziel heisst Timespan. Der Reiseführer schwärmt, aber inzwischen soll es einen Umbau gegeben haben, schaun wir mal, würde der Bayer sagen. Auf dem Weg dorthin passieren wir mehrere Großsteinsetzungen mit witzigen Namen. Doch wer den Ring of Brodgar im Abendlicht und dann nochmal im Mondschein erlebt hat, den reissen jetzt ein paar Menhire auf nem Hügel nicht mehr vom Autositz. (In Carnac und auch Stonehenge waren wir ja auch schon).

Wir düsen also vorbei und erreichen das schöne Örtchen Helmsdale und damit das Timespan Museum tatsächlich 45 Minuten vor Schließung. Ich frage die Dame an der Kasse ob wir das schaffen, und sie meint ja vielleicht. Immerhin berechnet sie uns nur den ermässigten Eintritt, sprich 3 Pfund. Das hätte uns schon misstrauisch machen müssen. Historic Scotland Einrichtungen zB kann man locker nach dem Eintritt klassifizieren: kostets zwischen 4 und 6 gibts fast nix zu sehen, bis 8 ists schon ganz gut und darüber toll. Nunja, Timespan passt leider in diese Klassifizierung.

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Im Timespan

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Das schönste Exponat – natürlich rein subjektiv

Es gibt einen seltsamen Raum wo verschiedene Infos von verschiedensten Zeiten zusammengefasst sind, eine roter Faden war für uns nicht zu erkennen, dann drei winzige Räime mit altem Laden, Dorfschmiede und Wohnraum. Ganz nett, aber gegen zb das Skye Museum of Islay Life ein Witz. Und dann eine 3 Beamer Animation eines alten Dorfes. Dies war eigentlich recht interessant gemacht, sehr ausführlich wurden alle Aspekte des Crofterlebens und der typischen Häuser dargestellt. Leider war die Grafik von vorgestern und die weiteren Funktion irgendwie blöd. So kann man kinect mässig sich nach dem Film in der Animation bewegen. Theoretisch, denn ich war zu groß für die niedrig hängenden Beamer, sodass ich ich ständig das Motiv verdecke. Und die Stories, die man anwählen kann, sind mit so einem Akzent und so laut, das wir nix verstehen. Also eigentlich zu viele Worte für dieses Event. 6 Pfund zum Fenster rausgeschmissen. Wir sind nach 35 Minuten wieder draussen und haben nicht das Gefühl etwas übersehen zu haben.

Weiter nach Süden. Das Dunrobin Castle steht bald wunderschön im Wald an der Küste, waren wir ja schon. Aber dahinter wartet doch noch der Big Burn Walk, was immer das auch ist. Auf dem Hinweg sind wir daran vorbeigefahren, jetzt probieren wir das aus, ist doch erst 5pm…

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Big Burn Trail – Schön romantisch

Der Weg zum Parkplatz ist schonmal verschärft. Der erste ist nicht hoch genug und die zweite Einfahrt gerade mal 20cm breiter als unser kleines Womo. Schnell springen wir raus und finden auch eine rudimentäre Karte vor. Aha, es geht am Fluss lang bis zu einem Wasserfall. Knapp 2km, das sollte doch vor dem Abendessen noch zu schaffen sein. Durch einen Märchenwald führt der Weg stellen wir bald fest. Zuerst Teppiche aus Bärlauch, dann Tausende Bluebells unter romatischen, bartflechtenbehangenen Bäumen.

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Der Wasserfall – noch romantischer

Dazwischen plätschert sanft der Bach, den wir auf kleinen Holzbrücken queren. Bald erreichen wir eine kleine Felsschlucht und dahinter einen wirklich sagenhaft romantischen Wasserfall. In zarte Strahlen fällt das Wasser auf dichten Moospolstern senkrecht nach unten. Toll, sowas hatten wir nicht erwartet, wird doch inzwischen von der Tourismusindustrie jedes irgendwo runterplätschernde Wasser als Wasser’fall‘ vermarktet. Also ein richtig toller Walk.

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Auf dem Rückweg

Mit fotografieren und blumenpflücken vertrödeln wir etwas die Zeit. Blöd, das wir schon auf Reserve fahren und noch unbedingt Sprit brauchen, sonst könnten wir gleich hier zu abend essen. Also wieder die Pferde gesattelt und weiter die A9 runter Richtung Inverness. Die Tankstellen scheinen hier ein Kartell gebildet zu haben, alle sind gleich (sau) teuer. Ich tanke bevor wir stehen bleiben ein Paar Liter zur Sicherheit. Dann gibts erst mal Essen irgendwo an der Strasse und dann will ich in der Nacht richtig Strecke machen, damit wir morgen noch einen entspannten letzten Urlaubstag haben. Klappt auch, erst taucht ne billige Tankstelle auf und dann fahren wir zügig durch die Nacht in die Lowlands. Natürlich genau in der Stadtumgehung von Edinburgh mit x unübersichtlichen Abfahrten kriegt Mara im Schlaf irgendwie eine Schreikrampf. Ich kann nicht anhalten, sie tritt gegen meinen Sitz, durch das Geschrei schaltet das Navi dauernd auf Spracheingabe um und navigiert nicht mehr, Sabine springt nach hinten, stopft aber ihren Pulli so in die Tür, das der Tote Winkel Spiegel rechts verdeckt wird. Unglaublich, aber trotz dieser Verkettung unglücklicher Umstände fahre ich weder in den Graben noch in die Baustelle, die natürlich gleichzeitig mit unübersichtlicher Verkehrsführung aufwartet. Als ich endlich anhalten könnte, schläft Tochter natürlich wieder friedlich. Also fahren wir durch und landen neben dem Schloß in Dirleton. Davon ist leider nichts zu sehen, aber hohe Bäume, eine schönes Inn gegenüber und gepflegter Rasen tun es nachts um halb eins auch.

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Stellplatz Dirleton – Hinter dem Wald ist das Schloß

Stellplatz: Parkplatz in Dirleton neben dem Schloß, WC, Aussicht auf den Ort, Spielplatz o