Morgens zeigt sich blauer Himmel! Yeah! Vielleicht fahre ich doch noch nicht nach Hause. Ich wollte ja zu den Pässen der Westalpen, und die finden sich auf jeden Fall nicht zuhause. Ich packe wieder ein klatschnasses Zelt ein und steige in meine nassen Schuhe. Toll, so ein Mopedurlaub. Doch was solls. Ich wollte ja Abenteuer, egal welche.
In Fontaines d‘Ugine treffe ich auf die Touristikstraße und los gehts. Auf trockener Straße im Sonnenschein wedele ich nun Serpentinen hoch. Endlich habe ich 2000km auf der Uhr und lasse es nun krachen. Naja, ich drehe ordentlich hoch und fahre ganz gemütlich den Pass hoch. Aber ich wollte ja entschleunigen. Und so schlecht ist das nicht. Beschleunigen aus der Kurve heraus oder auf der Geraden ist eher nicht. Immerhin hat die Fuhre weniger Leistungsgewicht als unser Familienauto. Aber durch die gute Handlichkeit und das brauchbare Fahrwerk kann man in den Kurven richtig zur Sache gehen. Ich schleife in bald jeder Kehre mit meinen Schuhen am Boden. Das ist leider ein nerviges Problem der Himalayan. Dafür habe ich noch keine Lösung gefunden.
Oben findet sich ein hübscher Stausee, ideal für eine Mittagsrast. Ich liege in der Sonne, lasse die Sache trocknen. Doch schön im Motorradurlaub.
Als die Sonne sich hinter den Wolken versteckt, wird es Zeit aufzubrechen. Bald fahre ich das Val d’Isere hoch. Mir kommt eine Erinnerung.
Hier oben kurz vor dem Pass hatte ich mal einen Platten. Mit einem riesigen eingefahrenen Uraltnagel und mächtig ADAC Action. Doch heute ist alles entspannt. Gigantische Kurven führen mich und die Maschine immer höher. Der schöne Eintopfsound verstärkt sich mit jedem hundert Höhenmeter. Interessant, ist mir bei der Zweizylinder Africa Twin gar nicht aufgefallen.
Auf 2700 m Höhe bollert der eigentlich bescheidene Motor ordentlich laut vor sich hin und schon bin ich auf der Passhöhe. Also meine Zweifel waren nicht berechtigt. Die paar PS und mickrigen Newtonmeter bringen einen mit Spaß nach oben. Die BMW überholen mich auf der Gerade aber in den Kurven hänge ich dahinter.
Immer weiter nach Süden arbeite ich mich nun und es wird langsam wärmer. Liegt wahrscheinlich eher an der Wetterlage, aber trotzdem ein willkommener Effekt. Nun noch der kleine Col de Telegraphe und es wird bald wieder dunkel.
In Valloire findet sich ein Campingplatz. Ich habe keine Lust auf eine Odyssee in Dunkeln wie gestern und so stehe ich um kurz nach sechs schon an der Pforte. Eigentlich sollte bis 7 laut Schild besetzt sein, aber niemand da, weder an der Reception noch Gäste. Dafür hängt ein Zettel ich soll mir einen Platz suchen. Das mache ich auch, ich habe nämlich volle Auswahl – ich bin der einzige Gast.
Da ich nahe am Ort wohne, könnte ich doch mal da rein gehen und dort was essen. Zum Glück esse ich schon eine Kleinigkeit, bevor ich das tue. Denn der Ort ist durchaus nett und gar nicht klein – aber komplett ausgestorben. Ich latsche bald jede Straße ab. Unglaublich, alles zu. Und manches bestimmt nicht nur heute. Bei den meisten Läden und Restaurants sieht man sich wohl wieder im Winter, bei manchen aber anscheinend gar nicht mehr.
Ganze zwei offene Lokalitäten finde ich, einen Minisupermarket und ein schickes Restaurant.
Nach einem kleinen Einkauf in Ersterem ziehe ich mich lieber wieder ins Zelt zurück. So eine Totenstadt ist wirklich komisch.