Wir schlafen lange, sodass wir etwas eilen müssen, da meine Tour bei Highland Park gleich beginnt. Da wir um die Ecke wohnen, sind wir aber rechtzeitig da. Von außen macht die Destillerie schon mal einen gepflegten Eindruck. Das Besucherzentrum ist top durchgestylt, aber deswegen nicht schlecht gemacht. Auch das Personal ist superfreundlich und umsorgt mich. Ich habe mich zur Magnus Eunson Tour angemeldet und erfahre: ich bin der einzige. Wunderbar eine Privatführung. James ist mein Senior Guide.
Die Führung ist wie erwartet sehr ausführlich und alle Produktionsprozesse sind zu sehen. Diese sind dem geneigten Leser inzwischen hoffentlich ausreichend bekannt, sodass ich nur das besondere hier herausstelle. Los gehts in den Malting Floors. Highland Park hat 5 dieser recht großen Floors. Neu war mir, dass man mittels Thermometern die Keimung überwachen kann, da dabei wohl recht viel Wärme freigesetzt wird. Rund 20% wird selbst gemälzt, der Rest kommt aus extenern Mälzereien. Der extern bezogene Malt wird übrigens kaum getorft, 1-2ppm. Auch besonders: Das Wasser hier ist extrem hart, und trotzdem kommt ein guter Whisky raus.
Danach sehe ich die beiden Kilns in Aktion. Das Malz wird über Orkney Torf 22h und dann noch mal 22 über Kohle getrocknet. Per Hand wird das Brennmaterial in den 80Jahre alten Ofen der ‚New Kiln‘ geschaufelt. Die zweite ist die ‚Old Kiln‘ mit schon 120 Betriebsjahren.
Weiter gehts zu den Wash- und Mashtuns. Die Mashtuns (12Stück!) sind aus Holz, dies soll sich positiv auf den Geschmack auswirken, obwohl schwerer instandzuhalten und auch teurer als Edelstahl.
Spannender wird es dann natürlich bei den Brennblasen, 4 an der Zahl. 2 Wash und 2 Spiritstills logischerweise, klassische moderne Bauart mit Heizspiralen innen und column condenser aussen.
Dann wechseln wir zum Warehouse Nr. 3. Highland Park (bzw. die besitzende Gesellschaft, welche?) hat eigene Bodegas und Fassherstellung in Spanien. So füllt man den Großteil der 60% die als Single Malt abgefüllt werden in eigene Oloroso Sherry Fässer. Leider kann man nur in einen Glaskasten und nicht ins eigentliche Warehouse. Ganz klarer Minuspunkt, wenn ich da an das tolle Tasting IM Warehouse Nr. 1 bei Bowmore denke.
Tour ist also interessant und die Brennerei absolut sehenswert! Noch besser wird jetzt das Tasting, will ich schon mal verraten. Ich werde in einen separaten Tasting Room geführt. Rundherum stehen teure HP Flaschen und an der großen Tafel stehen 2x 9 Gläser. Das sieht doch schon mal verheißungsvoll aus! James erzählt noch ein wenig und dann tasten wir los. Vor uns steht quasi die komplette Range der HP Whiskies mit Altersangabe, also 12, 15, 18, 21, 25, 30 plus New Make, Oloroso Sherry und als Highlight ein 46jähriger, den es leider nicht zu kaufen gibt. Oder eher zum Glück, den könnte ich mir eh nicht leisten.
Wir testen zuerst den Newmake, dieser ist allerdings auf 45% (glaub ich +-2) runterverdünnt. Erstaunlich gut, da hab ich schon einige härtere getrunken, es fehlt völlig dieser metallische Charakter, an dem man gut junge Whiskies erkennt, er ist auch gar nicht soo scharf, zB verglichen mit dem Newmake von Tullibardine den ich zuhause hab, ist dieser hier echt trinkbar. Dann kosten wir den Oloroso Sherry. Also Sherry ist echt nicht meins, ich denke immer, ich hab Rotwein vor mir, der Pand gezogen hat, das heisst unter Lufteinwirkung umgekippt.
Los geht dann das eigentliche Tasting mit dem 12 und dann dem 15. Da muss ich jetzt nichts zu schreiben, Standarts, die man sich leisten kann, ausserdem hab ich Dödel es geschafft, die mühsam ins Handy eingehackten Tasting Notes irgendwie zu löschen. Interessant ist aber, dass der 15 jährige eine andere Fassauswahl hat, mehr Bourbon Fässer und dadurch einen ganz anderen Charakter. James schlägt vor, dann mit dem Highlight weiterzumachen. Sehr guter Vorschlag, denn dann hat man noch etwas davon und zum anderen hat er etwas mit dem 15 gemeinsam: Ich finde hier eine ganz tolle Nase, süsse Früchte, Ananas und Vanille, darunter einen voluminösen Body mit ganz weichen Eichennoten und ein wenig Caramel. Alles wunderbar ausbalanciert, Rauch kann ich eigentlich gar nicht finden. Im Mund findet sich das alles wieder, sehr interessant, gibt es doch einige Whiskies, die in der Nase viel versprechen, dann aber nicht halten. Vanille, etwas Honig, ganz leichte Kräuter und darüber schwebt die allesumhüllende Ananas. Und auch hier schön balanciert, das ist ein ganz großer. Naja, so groß dann auch wieder nicht, der Abgang ist dann kurz und trocken. Aber toll, ich bin ja Fan von heavy peat und intensiv, aber sowas feines, ausbalanciertes fehlt mir noch in der Bar. Muss ich mal wieder Lotto spielen.
Nächster ist der 30 jährige aus der Standartrange, hatte ich noch nicht, erinnert aber sofort an den erwarteten Highland Park Geschmack. Viel dunkle Frucht, Kräuter, viel Caramel und dunkle Schokolade und ganz viel Eiche. Zu viel Eiche für meinen Geschmack. Diese ist mir wirklich zu heftig. Sie überdeckt viele der feinen Nuancen. Merkt man auch, da wir uns nun dem 25 zuwenden. Dieser hat deutlich weniger Eiche und ist wieder ganz toll ausbalanciert. Es gab 6 verschiedene Abfüllungen des 25er über die Zeit erklärt James. Aha, denke ich mir, das erklärt vielleicht die unterschiedlichen Ratings des 25. Für mich wirklich ein Spitzenwhisky, wenn man mal keine Rauchbombe mag.
Dann kommt wieder eine Überraschung, der 21! Ganz andere Fassauswahl, ein Mix aus dem Ananastönigen 15 (dem 47 vielleicht auch) und nem 25 jährigen. Also leichter, süßer, fruchtiger und trotzdem die dunkle Frucht des Sherryfasses. Sehr interessant, da könnte man sich einen ganzen Abend dran festhalten und versuchen die hundert verschiedenen Aromen herauszulösen. Leider habe ich keinen Abend zur Verfügung, aber den merke ich mir mal für später vor. 150Pfund kostet das Teil später im Shop, fast hätte ich ihn mitgenommen, bei Whisky.de kostet er 199 Euro.
Als Abschluß den 18er. Solider HP, habe ich zuhause, keine Überraschungen, meiner beischeidenen Meinung nach aber der HP mit dem besten Preis Leistungsverhältnis.
Es ist inzwischen 10 vor eins. Fast zweieinhalb Stunden hat die Tour gedauert, ich bin sehr begeistert, tolle Destillerie, schönes Tasting mit wunderbaren Whiskies. So übernehme ich schnell die Tochter, sodass Sabine noch die Standart Tour machen kann. Es ist kein weiterer Besucher da und so kommt sie auch in den Genuss einer persönlichen Tour. Diese dauert ne dreiviertel Stunde, während dessen ich genug Zeit habe die teuren Flaschen in der Auslage zu bewundern und mit Hilfe des free Wi-Fi Preisvergleiche anzustellen. Auch Sabine kommt begeistert zurück und mit uns nach Hause fahren dann noch zwei Special Bottlings. Eine 1978er und eine 12years St. Magnus Replica.
Jetzt müssen wir erstmal Alkohol abbauen und deshalb lassen wir das Auto natürlich hier stehen und laufen in die City.
Furchtbar, gestern hatte ich ja schon diese grauen Buden beschrieben, wie kann man so trist wohnen. Kilometerweit dunkler Grautöne, wir entdecken ein (!!) gelb gestrichenes Haus, das auch im Vorgarten aufgehübscht ist, was ein Unterschied. Aber auch im Zentrum können wir keinen Frieden mit Kirkwall machen. Ich hatte gedacht zur Feier des Tages genehmigen wir uns Fish & Chips.
Es scheint keinen Takeaway zu geben, auch auf Nachfrage nicht, und die Hotels bieten erst ab 5pm Essen an. Unglaublich, Tochter ist schwer enttäuscht, ich hungrig und sauer. Da findet Sabine eine Bar, geht extra rein fragen, ja es gibt was. Wir also rein, Jacken ausziehen, hinsetzen. Tochter ist glücklich, da kriegen wir gesagt: nein gibt doch nix. Was ist das denn fürn Scheißladen, ich wünsche mir tatsächlich, dass Mara mal einen ihrer richtig lauten Wutschrei loslässt, tut sie leider nicht. Ausgehungert landen wir beim FoodCoop schließlich vor der Brötchen Theke. Und die ist quasi leergefegt, zwei Käsestangen liegen noch da, die ich schnell einpacke. Das darf doch nicht wahr sein, Kirkwall gibt sich wirklich Mühe uns NICHT zu gefallen.
Nun also endlich zu den Sehenswürdigkeiten.Nicht zu übersehen ist die St. Magnus Kathedrale. Da gehen wir nun rein. Eine tolle Kirche, deren Anfänge wohl aus dem 11. Jahrundert datieren. Ein Wikinger Dom also (oder eher Münster, hat nämlich nur einen Turm). Innen wirklich sehenswert mit den unzähligen Bogengängen, alten Grabplatten und der imposanten Raumaufteilung. Ich denke Fotos sagen hier mehr als Worte.
Danach schauen wir noch den Bishops- und den Earls Palace an. Nun, was soll man dazu sagen? Wenn man noch gar keine Burgen oder Schlößer angeschaut hat, mag das interressant sein, ansonsten aber eher Zeitverschwendung, aber es ist ja im Explorer-Pass drin, also haben wir mal einen Blick reingeworfen. Immerhin hat man einen schönen Blick auf die St. Magnus Kathedrale. Zürück laufen wir wieder durch die triste Vorstadt, schrieb ich etwa schon darüber?
Das Mittagessen nehmen wir dann ziemlich verspätet um halb sechs auf dem Parkplatz des Mull Head auf der Deerness Halbinsel ein. Pünktlich um sechs, nachdem ein kurzer Schauer niedergegangen ist, laufen wir noch los zur Umwanderung des Mull Heads.
Zuerst streift der Pfad ‚The Gloup‘, eine eingestürzte Höhle, die nun eine tiefe Felsspalte in den Klippen bildet, vielleicht sogar bei Flut und Wellengang ein Blowhole. Heute ist aber alles ruhig und wir schauen in die Tiefe ins dunkle und ruhige Wasser. Kurz darauf stossen wir schon an die Küste, an der es nun entlang geht. Mit immer wieder schönen Ausblicken auf die vorgelagerten Insel erreichen wir den Brough of Deerness. Diesen erreicht man über einen steilen Klippenpfad, erst runter dann wieder rauf. Die Ruinen einer alten Pilgerkapelle aus der Wikingerzeit sind eher nicht erwähnenswert, die wilde Szenerie um uns rum eher schon.
Auf dem selben Pfad geht wieder zurück zum Hauptfpad und diesem folgen wir weiter nach Norden bis zum Twisting Nevi. Vom höchsten Punkt (48m 😉 hat man eine wunderbare Rundumsicht. Der Weg führt jetzt wieder ein Stück an der Küste entlang und dann auf Wirtschaftswegen im Inland zurück. Nach Wirtschaftswegen steht uns aber der Sinn nicht, und so kehren wir wieder auf dem selben Weg zurück, mit neuen schönen Ausblicken auf die Klippen und die soarenden Seevögel.
Stellplatz: Wanderparklatz Mull Head, leicht schräg mit Mülleimer, Blick auf Meer und die Inseln +