Das Wetter hat sich verändert. Es ist viel diesiger heute als sonst. Aber getreu dem Andor-Titel werden wir es machen: ‚Die Helden wollen heute in den sagenhaften Norden aufbrechen. Was wird sie dort erwarten? Schlechtes Wetter, elende Strapazen, Mord und Totschlag, Pech beim Würfeln?‘ Wir hatten nur eins davon…
Gespannt brechen wir also auf und düsen auf der Autovia nach Norden. Hinter dem Flughafen tauchen wir unter der bekannten Passatwolke ein. Diese bleibt uns noch eine halbe Stunde treu, dann tauchen wir wieder auf. Unter blauem Himmel. Dafür windet es hier gewaltig. Die Brecher hüllen die gesamte Küste in feinen Gischtdunst ein. Nach genau einer Stunde Fahrzeit stehen wir auf dem kleinen Parkplatz zu unserer Wanderung. Man könnte auch sagen am Rand einer Müllkippe. Unglaublich, warum muss man seinen Müll einfach in die Landschaft werfen, sie wäre deutlich schöner ohne.
Nach kurzer Zeit haben wir aber die Plastikverhübscherungen hinter uns gelassen und steigen in einen Barranco hinunter. Tochter findet einen Marienkäfer, baut ihm eine Landschaft und ist erst mal beschäftigt. Und das alles beim laufen!
Natürlich sind wir wieder von Kakteen und Wolfsmilchgewäschsen umgeben und wandern zudem noch fotogen auf rotem und braunen Vulkangestein. Herrlich, ich frage mich übrigens schon die ganze Zeit, wo eigentlich die ganzen Kakteen hier herkommen. Das sind doch neuweltliche Gewächse, wurden die hier eingeführt und sind ausgebüxt? Muss ich mal nachforschen.
Der Weg führt nun am Rand des Trockentals zur Küste hin und erlaubt die ersten spektakulären Blicke über das aufgewühlte Meer unten. Die meterhohen Brecher donnern mit zigmeterhohen Fontänen an die schwarze Basaltküste. Eindrucksvoll.
Bald biegen wir links ab, laufen über vulkanischen Boden, der in allen Brauntönen variiert und erreichen eine kleine Höhle. Zwei Räume und ein paar kleine Kammern im Tuffstein, Tochter findet es toll, und man muss doch immer motivierende Zwischenziele einbauen.
Wenige Meter später stehen wir an der Kante zum XY. Verwitterte schwarze Basaltsäulen in der Tiefe, gegen die gewaltig das Meer anbrandet. Erinnert sofort an etliche schottische Küsten, doch etwas ist anders: Das Wetter ist hier sonnig und der Wind noch stärker.
Wir schauen ein wenig und besteigen dann den Möwenfelsen, das Ziel unserer kleinen Wanderung. Ein toller Rundumblick auf die stürmische Küste bietet sich hier. Vor allem ihr südlicher Verlauf mit unberührten, hunderte Meter hohen, steil ins Meer abfallenden Felsen ist wirklich eindrucksvoll.
An der Westseite finden wir einen windgeschützten Picknickplatz und schauen dem Fährenkatamaran zu, wie er auf den Wellen hüpft. Mir wird schon vom zusehen schlecht…
Zurück geht es auf dem selben Weg, nur zum Schluß weichen wir nach rechts ab um noch den Aussichtspunkt am XY zu erreichen. Nichts neues zu sehen, aber die Szenerie ist auch in der Wiederholung gigantisch. Zurück durch die vermüllten Felder zum Auto.
Leider ist der nahe Spielplatz geschlossen und so essen wir ohne Tochterbespaßung zu Mittag. Frisch gestärkt wollen wir noch dem nahen Puerto de las Nieves einen Besuch abstatten. Wir laufen die Straße vor und da geht tatsächlich ein toll angelegter Serpentinenweg runter zur Küste. Durch einen wunderschönen Kakteenpark und schließlich zu den Naturbadebecken im Meer. Die sind allerdings geschlossen.
Das ist aber auch gut so denn sie werden im Sekundentakt von meterhohen Brechern überrollt. Ein krasser Anblick, das weißschäumende Wasser, dass sich über die Stege, Treppen und Ruhebänke ergießt.
Allerdings ist auch der Küstenweg teilweise gesperrt. Trotz allem kommen wir schließlich am Hafen an. Hier ist es immerhin windgeschützt. Und viel unaufgeregter und authentischer als die Trubelmeilen an der Südküste.
Klar lebt man auch hier vom Tourismus und die Markt- und Lagerhallen sind Restaurants gewichen. Aber der Ort ist nicht vollständig vom Massentourismus überrollt und hat auch nicht vollständig seine Identität verloren.
So schlendern wir hier ein wenig herum. Schauen dem Treiben am Hafen zu und in die kleinen Gassen. Essen ein riesiges Eis – nur ich tropfe damit natürlich herum – und laufen dann wieder auf dem selben Weg zurück.
Ein Ziel haben wir noch für heute, bis jetzt ist den Helden ja noch nichts vom oben genannten begegnet. Die Cueva Pintada, die bemalte Höhle. Auf Höhlen steht Tochter sowieso, sie hat noch zwei Stunden auf, und liegt eh auf dem Rückweg. Also ins Navi eingegeben und hingefahren.
Ist aber nicht so einfach. Wir haben nämlich den Reiseführer nicht so richtig diesbezüglich gelesen. Das Navi führt uns jetzt nämlich mitten in die Altstadtgassen von Galdar. Und zwar so wirklich richtig rein, es geht beinahe senkrecht bergauf, und dann wieder bergab. Extrem eng und schließlich im Einbahnstrassengewirr finden wir uns wieder. Wir dachten wir fahren aufs freie Feld, da wo Ausgrabungsstätten doch normal sind?
Mitten auf einer winzigen Gasse, in die gerade unser Polo reinpasst, sind wir angeblich da. Parken kann man hier nicht und die Lombard Street ist gegen die 20% Gefälle hier sowieso Kindergeburtstag. Rechts kann ich auf eine schräge Erdfläche abbiegen, da können wir doch mal gucken, ob das Navi jetzt komplett spinnt. Ich fahre in die Sackgasse, parke abenteuerlich schräg ein und schaue noch mal genau. Das Navi behauptet wir befinden uns 30m neben dem Punkt! Immerhin könnten wir hier stehenbleiben und so hangeln wir uns aus dem schiefen Auto und wollen uns das zu Fuß anschauen.
Wir sind tatsächlich mitten in der Altstadt, nun Gut, aber da vorne die Gasse heißt wirklich Cueva Pintada. Also laufen wir da entlang, sehen aber nichts. Mir dämmert langsam was, links von und ist eine riesige Mauer und darüber ein riesiges Dach, das ganze abgehangen mit noch größeren Planen. Sollte sich dahinter die Ausgrabung verbergen? Es sollte, dazu müssen wir aber einmal den ganzen Komplex umrunden, wir sind rechts herum genau falsch gelaufen. Merke: Ausgrabungsstätten wie in DSA suchen: Immer links laufen!
Jedenfalls erreichen wir irgendwann recht abgeschlagen einen mondänen Haupteingang. Sehr schick innen, so verschwitzt von einem langen Wandertag trauen wir uns kaum rein. 12 Euro später betreten wir einen Stock tiefer das kleine Museum. Unspektakuläre Funde sind hier mit rein spanischen Erklärungen versehen. Das gibt’s doch gar nicht, bis jetzt war jedes Erklärungsschild, selbst wenns nur noch an einer Schraube hing, dreisprachig, aber hier im nobelsten, teuersten Museum ist es nur auf spanisch.
Dafür bekommen wir nun im Kino nur für uns einen 3D Film angemacht. In deutsch! Tochter ist natürlich begeistert. Mit komischen Brillen auf der Nase wird uns nun gezeigt, wie die Spanier die Ureinwohner platt gemacht haben. Oh je das ist aber nicht FSK 6, hoffentlich kriegt Tochter keine Albträume von auf sie zu fliegende Armbrustbolzen… (kriegt sie nicht, wir müssen aber 5mal erklären, wie das jetzt alles war.)
Eindrucksvoll und informativ, wenn auch nicht kindergeeignet. Dann betreten wir endlich die eigentliche Ausgrabung. Besagte riesige Halle sehen wir nun von innen. Etliche Steinrunde bezeugen die alten Siedlungsreste. Auf Wegen hoch darüber schreitet man nun entlang, während die Hausreste abwechselnd illuminiert werden. Leider keine Erklärung dazu.
Die gibt es allerdings weiter unten. Da ist das Hauptding des Ganzen – besagte bemalte Höhle – wie die Kronjuwelen aufgemacht. Abgedunkelter Raum, Licht geht an, tada, alte Höhlenzeichnungen. Schöne Erklärvideos gib es noch dazu. Noch mehr direkt daneben in den nachgebauten Tuffsteinhäusern.
Hier war also eine ganze Siedlung aus hunderten Wohnhöhlen und -häusern. Und die bemalte Höhle war wohl das kulturelle oder religiöse Zentrum. Und die Bemalung diente nicht nur der Verschönerung, sondern hatte vielleicht kalendarische Bedeutung. Hat leider noch keiner entschlüsselt.
Fotografieren durfte man im Heiligtum natürlich nicht, dabei hat unsere Kamera noch nicht mal einen Blitz.
Nach 1,5 Stunden haben wir einige der alten Häuser gesehen und die gutgemachten Videos trösten auch über nichtmehrsprachige Schilder hinweg. Lohnt also doch und hier haben wir dann eins der Themen gefunden: Mord und Totschlag.
Da wir schon mal da sind, schauen wir uns noch ein wenig in der Altstadt um. Recht schön, die bunten Häuser und der Dorfplatz.
Aber wir haben Hunger: Dank Navi finden wir schneller als wir reinkamen immerhin wieder aus der Altstadt heraus, und ab geht’s an die sonnige Südküste. Bis wir da sind, ist die leider schon untergegangen. Macht aber nichts, der Pool ist ja beleuchtet.