Windig und sonnig, gutes Wetter nehmen wir schon fast als selbstverständlich an. Tochter geht nun zum Reiten, so kann der Morgen doch beginnen! Programm wie letztes Mal, striegeln, Leckerli, kurzer Ausritt. Tochter ist wieder begeistert, sehr schön.

So beginnt ein guter Urlaubsmorgen

Nun fahren wir zur ergiebigsten Heißwasserquelle Islands mit einem unaussprechlichen Namen. Deildartunguhver heißt das Ding. Ich hatte das abends schonmal eingegeben, also lass ich mich nun gleich dahin routen. Wir fahren und fahren … und landen auf einem Camping am A. der Welt. Mist, den hatte ich gestern Abend auch noch gesucht – und wohl als letztes Ziel drin gelassen…

Zum Glück war der Umweg nicht allzu groß und kleinlaut fahre ich nun zur Quelle. Doch als wäre der Umweg nicht genug, wartet dort der größte Reinfall der Reise. Denn es erwartet uns eine riesige … Baustelle. Das Restaurant oberhalb ist schon fertig, ein schwarzer Betonklotz. Die ‚Quelle‘ allerdings noch nicht. Sprudelte sie laut Reiseführer früher dampfend aus einem buntroten Felsen, so sieht man nun eine Betoneinfassung und einen Blechspritzschutz. Und eine Aussichtsplattform in gehöriger Entfernung ist auch schon fertig. Damit sich ja kein Pauschaltourist zu nahe ran wagt wahrscheinlich.

Also die Quelle wird für den Massentourismus bereit gemacht, wie so vieles hier, wirklich traurig.

Warmwasserquelle – rechts Überlauf, links Nutzung

Unterhalb sprudelt immerhin noch der heiße Überlauf in den Bach. Und man kann günstig (für Island) Tomaten kaufen, die im Warmwasser beheizten Treibhaus nebenan gewachsen sind. Dann tun wir immerhin das, wenn wir schonmal hier sind.

Reykholt – Kirche ohne Architekturpreis

Nach dieser Pleite fahren wir weiter, die Erwartungen eh nicht besonders hoch, nach Reykholt. Der kleine Ort präsentiert sich als recht seltsame Zusammenstellung. Ein alte hübsche Holzkirche, an deren Ort zuvor wohl noch 7 weitere Kirchen in den letzten 900 Jahre standen. Davor ein hässliches neues Gotteshaus, das aber angeblich Architekturpreise gewonnen hat. Nunja Architekturpreise verleihen sich ja Architekten untereinander, oder? Und zum Glück haben sie dafür nicht die alte Kirche abgerissen, wie 7 mal zuvor…

sie hätte …

Neben einem irgendwie an Naziarchitektur erinnernden Schulhaus entdecken wir dann ‚Snorris‘ alten Hot Pot. Snorri Sturleson war DER Dichter (und Großgrundbesitzer und Bonze) Islands. Allerdings schon im 12. Jh. Doch er war wohlhabend und wohl auch innovativ. Denn er baute sich diesen Pool mit Heißwasserleitung. Und einen Verbindungstunnel zu seinem 30m entfernten Wohnhof dazu. Und das vor über 800 Jahren!

… es aber eher verdient

Diesen Hot Pot schauen wir nun an. Er wurde allerdings mehrfach restauriert und so sind die Mauern nicht mehr original. Und auch der Tunneleingang ist natürlich rekonstruiert. Aber etwas weiter in der Wiese kann man noch den originalen Verlauf sehen.

Snorris Pool

Die Quelle aus der Snorris sein Heißwasser bezog, ist 120 m entfernt und es gibt sie heute noch. Allerdings eingefasst und überdeckt, also nichts zu sehen, außer eine wenig Dampf.

mit ‚Geheim’gang

Dahinter wieder ein hässliches Gebäude im Betonstil. Ein seltsamer Ort aus Antike und Moderne. Nach Snorris Pot ist uns auch nach einem Hot Pot. In dem historischen durfte man aus naheliegenden Gründen nicht baden. Also fahren wir weiter nach Husafell. Auf dem Weg liegt der Hraunfossar. Die soll Island schönster Wasserfall sein. Nun ja solche Adjektive werden in Island wohl gerne inflationär verwendet. Was hatten wir schon alles? Den höchsten, wasserreichsten, schönsten, lautesten, was weiß ich.

Hraunfossar

Der Weg zum Wasser ist wieder Rollator tauglich ausgebaut, wir haben uns aber auch nicht mehr die Mühe gemacht Wanderschuhe anzuziehen. Reisebusse fahren an und ab. Und wir mit der Masse hin zu den zahlreichen Wasserfällen. Der Fall ist wirklich schön und wieder mal was neues.

der ’schönste‘ Wasserfall Islands

Denn das Wasser fällt nicht über eine Kante, sondern schiebt sich auf breiter Front unter einem Lavastrom hindurch um dann über 100m aufgefächert in zarten Kaskaden über farbiger Lava in den den Strom zu fallen.

ist aber wirklich schön

Das ist wirklich schön, aber langsam gehen uns die Menschenmassen wirklich auf den Senkel. Wir verweilen also nicht allzu lange.

In Husafell ein paar Kilometer weiter wollen wir ins Schwimmbad. Ich checke es von oberhalb. Aha, ziemlich klein, ein Hot Pot, noch zwei weitere Pots und ein kleines Becken. Aber insgesamt vielleicht zehn Leute drin. Das passt für uns. Ich gehe mal rein, um nach den Preisen zu checken. Der Reisebus auf dem Parkplatz hätte mich schon misstrauisch machen müssen. Im kleinen Vorraum stapelt sich eine 40 köpfige Busreisegruppe, die in Schlangenlinien anstehen, um genau jetzt ins Bad zu gehen. Das darf doch nicht war sein, wenn die alle in den kleinen Becken hocken, passt kein Wasser mehr rein. Und, der Vollständigkeit halber, 25 Euro wären wir auch noch losgeworden…

Frustriert fahren wir ab. Wir wollen noch eine Wanderung machen, ein schwarz markierte, da werden wohl hoffentlich keine Busgruppen auftauchen. Auf der Fahrt wieder zurück fahren wir dann kurzentschlossen bei einem Schild mit Hot Pot Symbol raus.

Ein Rentner auf einem Quad fängt uns bei Farmgebäuden ab. Wir fragen nach dem Hotpot. Ja der hat 38,5° und steht da hinten beim Clubhaus auf der Terrasse. Es handelt sich leider nicht grade um Snorris Naturexemplar sondern um einen Jacuzzi aus GFK. Aber windgeschützt und mit Blick auf die Schneeberge. Und, ganz wichtig, wir haben das Ding für uns allein.

Das machen wir! Es kostet soviel, wie einmal duschen auf dem Campingplatz, also auch harmlos. Wir sitzen nun im heißen Wasser und erholen uns von den Reinfällen des Morgens. Ab jetzt kann das nur besser werden. Wird es auch, denn es ist echt entspannend im heißen Wasser, während draußen der Wind bläst. Fast ne Stunde halten wir aus, Duschen kräftig und düsen dann weiter nach Südwesten zum Meer.

Hvalfjördur

Dort hat uns die N1 wieder, doch nach kurzer Zeit biegen wir schon ab. Die Ringstraße verschwindet hier in einem Tunnel, aber wir fahren den Fjord aus. Zum einen weil er ausnehmend schön ist, und zum anderen, weil genau am spitzen Ende noch eine Wanderung auf uns wartet.

Sieht doch vielversprechend aus

Nach ein paar Kilometern Piste ist der Wanderparkplatz erreicht. Hier ist mal wieder was los, aber zum einen keine Busreisegruppen und zum anderen fahren die meisten gerade ab. Denn wir haben kurz vor sechs, da bricht man doch zu keiner Wanderung mehr auf.

Wir schon, das haben wir schon in Schottland erfolgreich praktiziert, wobei es dort viel früher dunkel wird. Man hat das schönste Abendlicht dann nämlich fast für sich allein. So ist es auch hier, und was für eine Wanderung das nun wird! Dabei fängt es ganz normal mit gutem Weg durchs Buschwerk an.

Doch dann führt der Weg durch eine kleine Höhle hindurch! Das findet Tochter schonmal spannend. Doch das lässt sich noch steigern, dürfen wir doch gleich darauf den reißenden – und kalten – Bach auf einem Baumstamm überqueren.

wir überqueren den Fluß

Spannend, doch es gibt ein Drahtseil und ganz cool kommen wir rüber. Tochter findets natürlich super, auch das wir nachher auf dem Rückweg wieder hier vorbeikommen.

Doch dazu dürfen wir nun steil den Hang hinauf. Die steilsten Passagen sind aber mit einem Handseil gesichert, also alles kein Problem. Tochter steigt nun wie ein Weltmeister und schnell gewinnen wir an Höhe. Weiter oben läuft man nun ausgesetzt an der Schluchtkante auf schmalem Schuttweg entlang. Tolle Ausblicke tief nach unten in die Hauptschlucht aber auch in kleine Seitenschluchten inklusive. Was macht das Spaß. Endlich mal wieder richtig wandern und nicht diese Vollkaskomassensteige mit Gummimatten, damit ja niemand ausrutscht.

Am ersten Aussichtspunkt können wir nun den Endpunkt der Wanderung bewundern. Es ist – tata! – ein Wasserfall. Mal was ganz neues.

schöne Szenerie

Hier handelt es sich um den Glymur, mit 200 Metern Islands zweithöchster (wieder so ein Adjektiv) Wasserfall.

endlich mal wieder richtige Wanderwege

Der fällt hier also schmal und extrem tief in die Schlucht. Sieht toll aus, aber wir steigen noch etwas höher zum zweiten Aussichtspunkt. Von hier sieht man den Fall in all seiner Pracht. Diese Formulierung ist nicht von mir, die hab ich von einem Bildband geklaut, den es in jedem Souvenirshop in allen Sprachen gibt. Und auf deustch heisst er ‚Island in all seiner Pracht‘. Was für eine kongeniale Übersetzung.

Von unserem höheren Standpunkt haben wir jetzt jednfall eine hervorragenden Blick auf den prächtigen Wasserfall und die ihn umgebende Klamm.

der ‚zweithöchste‘ Wasserfall

Man könnte jetzt noch etwas weiter steigen und oberhalb den Fluss furten. Aber auf nasse Füße haben wir jetzt keine Lust, also steigen wir auf der selben Seite wieder ab.

schönster Rückweg

Ist sowieso spaßiger, mit Baumbrücke und Höhle. Problemlos erreichen wir wieder unser Womo. Was ein würdiger Abschluss dieses langen Tages mit Höhen und Tiefen. Doch hier dürfen wir ja nicht bleiben, wir würden ja auf diesem Parkplatz Island kein Geld in die Kassen spülen.

Wanderweg durch die Höhle

Also fahren wir nun noch deutlich weiter nach Süden. Als wir eben zurückkehrten, bemerkten wir schon ein am Parkplatzrand vergessenes Paar Wanderschuhe. Als ich jetzt ausparke, steht genau vor dem Bus ein weiteres. Unsere sind es nicht. Ich hab noch nie auf einem Wanderparkplatz gestanden wo gleich zwei Paar Wanderschuhe vergessen wurden. Von den Pullis, Socken, Shirts, Schlüssel, die vorne am Gatter hingen ganz zu schweigen.

U-Tal wie aus dem Bilderbuch

Wir fahren ja weiter. Den Südteil des Fjordes nun zurück. So lernen wir zwar nicht den Tunnel kennen, doch das Abendlicht im Fjord ist sensationell.

Sonnenuntergang über dem Fjord

An Reykjavik geht es vorbei an Islands Südküste, hier gibt es den Camping an der Strandarkirkja. Der ist nicht nur schön und schön gelegen sondern auch noch kostenlos.

Camping Ölfus, da sind wir jetzt schon zum dritten Mal