So haben wir uns das Wetter auf den Shetlands vorgestellt. Eben schien noch die Sonne, jetzt nieselt es. Nach dem Frühstück ist es wieder trocken und wir gehen zum Strand. Mara spielt eine Weile und ist begeistert. Mir ist langweilig und ich will den 1,5km langen Strand mal ablaufen. Nach der Hälfte der Strecke fängts an zu nieseln, nach 2/3 regnets. Mist, ich hab noch nicht mal ne Kapuze.
Kurz bevor ich am Bus bin hörts auf, und ich kann in der Sonne trocknen. Schottland Wetter halt: ‚if you don’t like the Weather, wait a minute!‘
Die Mädels haben sich auch zurückgezogen und nun spazieren wir im Sonnenschein zur Watermill um die Ecke. Das Gebäude sieht schon mal pittoresk aus. Drinnen empfängt uns freudestrahlend ein älterer Herr, führt uns in einen mit Sammelvitrinen vollgestopften Raum, erzählt uns vom Tankerunglück um die Ecke und macht uns ein Video an. Oh je, ich fühle mich gleich an die Kannenpflanze letztes Jahr erinnert (LInk), die ahnungslose einsame Touristen fängt und mit schlimmen, uninteressanten Ausstellungen und furchtbaren Videos zu Tode langweilt.
So kommt es nicht. Das Video ist informativ und gut gemacht. Man bekommt die Mühle in Produktion zu sehen und alle Schritte vom Korn bis zum fertigen Mehl. Ganz schön komplex, ich kannte nur die einfacheren Mühlen, wie wir sie in der Schweiz gesehen hatten (LINK).
Das Getreide wird hier sogar in einer Kiln getrocknet. Bestimmt nötig, hier oben…
Nun schauen wir uns alles in echt an. Schon recht informativ, aber weniger wäre vielleicht mehr gewesen, denn das Gebäude ist voll gestopft mit altem Kram, der etwas von der eigentlichen Mühle ablenkt. Zudem bekommt Mara noch einen Zettel mit Sachen in die Hand gedrückt, die sie suchen darf. Natürlich müssen wir die suchen, und bloß nichts übersehen.
Aber es ist recht informativ, dieser ganze alte Mechanismus. Hier wurde gedroschen, getrocknet, geschrotet und gemahlen. Wenige Mühlen gab es nur auf Mainland, das war wohl wirklich mal ein Ort von Bedeutung.
Weil es hier am Beach so schön ist, essen wir noch zu Mittag. Dank unserem neu erstanden Omnia gibt’s ab jetzt Aufbackbrötchen, wenn wir in der Pampa stehen. Das kommt gut an, leider passen nur 5 rein. So isst Mara eben zwei und wir nur jeweils einundhalb.
Trotz mangelhafter Ausschilderung finden wir das Croft Museum. Um zwei soll es wieder aufmachen und wir sind pünktlich. Nützt aber nichts, denn handschriftlich steht auf dem Schild am Eingang, ‚Außer Montag‘. Na toll, natürlich haben wir Montag. Also steigen wir wieder ein und Mara ist sauer, wollte sie doch Tamaras Stall suchen. Das ist nämlich eine schwarze Kuh von einem Flyer für Kinder, die wohl im Croft Museum wohnt.
Für die Insel Mousa ist es jetzt natürlich zu spät. Das Boot dorthin hat schon vor einer Stunde abgelegt. Old Scatness gibt es noch, eine alte Eisenzeitsiedlung, die sehr gut erhalten sein soll. Tochter will da unbedingt hin. Im Reiseführer ist sie gar nicht erwähnt, in einem der hundert Flyer, die wir haben, steht drin, dass es nur am Freitag aufhat. Es ist nicht weit, das können wir schnell überprüfen. Also überqueren wir mal wieder den Flughafen auf der Rollbahn. Lichtsignale zeigen, wenn was startet. Das Signal ist aus, als wir aber über die Rollbahn fahren, sehen wir links ein Flugzeug mit laufenden Propellern. Hinter uns wird dann auch schnell die Schranke geschlossen und schon startet das Flugzeug.
Eins ist klar, als wir ankommen: heute ist auf jeden Fall zu! Aber ob es Freitag geöffnet hat, kann ich nicht herausfinden, denn am Visitor-Center steht nichts, keine Uhrzeiten, keine Tage, einfach gar nichts. Unglaublich, wie unprofessionell. Wenn man nicht Vorbild für die Tochter sein müsste, ich wäre einfach über den Zaun gestiegen.
Das Wetter ist nun übrigens schön schlecht. Es zeigen sich gar keine Wolkenlücken mehr. sondern es ist grau in grau und nur die Frage nieselts gleich oder nicht oder regnets doch steht im Raum… da stellt sich die nächste Frage, was machen? Zum Wandern haben wir keine rechte Lust.
Also fahren wir nach Norden, Tochter wünscht sich Schloss. Da gibt es das Scalloway Castle, das laut Reiseführer ‚wie ein hohler Zahn‘ die Bucht überragt. Das hört sich doch schön morbide an, da fahren wir hin, passt auch zum Wetter. Um 15.50 sind wir da. Es stellt sich raus, das Schloss bzw. die Reste davon gehören zum Scalloway Museum. Und das hat bis 16 Uhr geöffnet. Toll, heute sind wir aber wirklich ein Opfer der seltsamen Öffnungszeiten.
Zum Glück ist es nicht so dramatisch, denn als ich frage, meint der nette Herr, er macht für uns auch bis halb fünf auf. Und wir kriegen ein Ticket, mit dem wir wiederkommen dürfen. Und die Ruine lässt er auf, solange wir drinbleiben.
Das ist ja mal nett! Also lösen wir zwei Tickets. Mara ist sogar umsonst, das sollte sich der National Trust mal zum Vorbild nehmen… Für sie gibt es auch eine ganz tolle Spielecke mit großer Burg und Puppen. Da können wir sie lassen, während wir uns in Ruhe umsehen. So viel Ruhe wie man hat, wenn man nur 35 Minuten Zeit hat. Aber sehr groß ist das Museum nicht, aber sehr informativ. Bisschen Lokalkolorit und altes Zeugs. Für mich sehr interessant die Erklärungen über die verschiedenen Fischfangmethoden. Sowohl die Entwicklung über die Zeit, als auch für die unterschiedlichen Fische. Und natürlich der Shetland Bus. Mit kleinen Fischkuttern hat man im zweiten Weltkrieg Partisanen ins besetzte Norwegen gebracht, die dort anscheinend Sabotageakte verübt haben.
Nun zum Schloss. Das wurde von einem Stuart erbaut. Mit dem Blut und Schweiß seiner Untertanen, heißt es. Er war wohl so unbeliebt, dass diese Untertanen sich beim König beschwert haben, und er tatsächlich nach kurzer Herrschaft abgesetzt und seinerseits gehenkt wurde.
Das Schloss ist noch auf drei Etagen begehbar und strahlt wirklich eine düstere Atmosphäre aus. Dazu heult der kalte Wind um das Gebäude und der Himmel ist trist. Eine wunderbare Atmosphäre und so gefällt uns der ‚hohle Zahn‘ auf seine Weise.
Sehr umfangreich ist es nicht, und bald stehen wir wieder draußen, dann kann der nette Herr jetzt endlich Feierabend machen. Neben dem Museum stehen noch zwei Shetland-Ponies. Die sind beide sehr reaktionsarm, aber das braune dreht sich irgendwann tatsächlich um und lässt sich von Tochter die Nase kraulen.
Galloway selber ist ein extrem verschlafenes Fischernest. Von der einstigen ‚Hauptstadt‘ der Insel ist nichts mehr zu sehen, außer dem Zahn vielleicht. Wir fahren einmal auf und ab und machen dann am schönen Spielplatz halt. Jeder der Reisenden soll ja was vom Urlaub haben.
Dann fahren wir nach Lerwick, wir müssen noch tanken und Bier brauchen wir auch noch, das darf man ja erst ab 10 Uhr kaufen.
Denn jetzt geht es in die Einsamkeit. Nur 23000 Einwohner (und 350000 Schafe!) leben auf den Inseln. Und da wo wir jetzt hinfahren sicherlich die wenigsten. Wir fahren nach Northmavine, den nordwestlichen Zipfel des Mainlands. Auf überraschend guter Strasse kommen wir schnell voran, beim Marvis Grind machen wir Halt zum Abendessen. Marvis Grind ist das wikingerische Tarbert, also eine ‚Landenge, über die man ein Boot ziehen kann‘. Hier stehen wir auf einer geologischen Falte, die die Shetlands in zwei Teile spaltet. Leider ist die Erklärung auf den Tafeln im kalten Wind nicht sehr weiter ausgreifend, und der angekündigte geologische Schnitt ist eine lächerliche Steinskulptur.
Schnell fahren wir weiter. Wie die Stunde zuvor fahren wir über ödes Moorland. Kaum ein Haus oder sonst was. Bei Hillswick stoßen wir aber wieder an die Küste. Und was für eine! Felsnadeln stehen im Wasser und steil fällt der Fels von grünem Gras zum graublauem Wasser hin ab.
Immer wieder haben wir diesen schönen Blick auf die wilde Küste. Und zum Beispiel auf den Elefantenfelsen. Dann noch ein paar Höhenmeter und wir landen am Leuchtturm von Eshaness.
Ein schöner Fleck. Kurzes, gelbgrünes, windgeducktes Gras, meerumtoste schwarze Klippen und ein düsterer Himmel über den der Leuchtturm seinen gelben Lichtfinger wirft.
Der Wind wackelt am Auto, aber irgendwie habe ich noch Lust noch mal kurz die Füße zu vertreten. Ich gehe zum Klippenrand hundert Meter vom Auto entfernt. Möwen soaren an der Kante und nisten an den Felsen.
Plötzlich fliegt direkt vor meiner Nase ein Papageientaucher vorbei! Ich hab richtig gesehen. In der nächsten Flugparabel an der Abrisskante kommt er mir sogar noch etwas näher. Und da hinten im Fels sitzt sogar einer. Schnell renne ich zurück, hole Kamera und Familie. Tochter will allerdings nicht mehr, kein Wunder, es ist halb zehn abends. Also lassen wir sie mit Malzeug im Warmen sitzen und rennen zurück.
Ja, die niedlichen Vögel sind noch da! Und fliegend sehen sie so richtig klein aus gegen die Möwen. Und beim starten vom Felsen wirken sie ja so ein bisschen wie ein Kreuzung aus Pinguin und Kolibr. Auf einem Felsabsatz landen jetzt sogar mehrere. Es ist kurz vor zehn, für das Tele ist das Licht viel zu schwach, ich muss also näher ran. Gelingt mir, ohne von der Klippe zu fallen, und zumindest einer bleibt sitzen und schaut neugierig. Endlich gelingt nun auch ein scharfes Foto von einem Papageientaucher. Und sich fürchtete schon nach der Pleite gestern, Maras Kuscheltier in die Landschaft stellen und fotografieren zu müssen.
Es wird nicht wärmer und heller auch nicht. Wir ziehen uns in den gemütlichen Bus zurück und gucken raus. Es ist nun viertel nach elf, immer noch dämmrig draußen und ich trinke das bitterste Bier ever. Also Jever ist ein Kindergeburtstag gegen dieses Pale Ale namens Skippers Ticket. So herb wie die Landschaft würde ich sagen, es ist nämlich von den Shetlands.
Stellplatz: Eshaness Leuchtturm. Fast Rundumblick: Meer. Klippen und Leuchturm. Und Puffins in den Felsen ++