Als ich um sechs mal wach bin, ist wolkenloser Himmel. Als wir endlich aufstehen leider nicht mehr. Trotzdem spazieren wir nochmal los, diesmal den noch kürzeren Track, der völlig unspektakulär ist, aber bei einem spiral walk vorbeikommt, der wie der Name verrät spiralförmig angelegt ist und so eine Art Waldlehrpfad darstellen sollen. Naja, Mara hat ihren Spass beim Angeln und wir bewegen uns im Freien. Früher sollen hier die höchsten Pinien Schottlands gestanden haben, dieser wurden aber entweder ’45 von einem Waldbrand oder ’99 von Winterstürmen vernichtet. Jedenfalls ist vom alten Wald nicht mehr viel da und die jungen Bäumchen sind natürlich nicht sehr sehenswert.
Schnell wieder on the road setzen sich die Landschaftseindrücke von gestern fort. Bei Bettyhill stossen wir wieder auf die Küste. Wir brauchen noch einen Laden für Wasser und Brötchen, aber keiner will sich zeigen, die Orte hier sind ja auch nur eine Ansammlung von Häusern. In Melvich steht ein Schild. Wir biegen extra ab, blöde Idee, erst finden wir den Laden nicht, dann stehen wir in einem Schafstau und als wir den Laden dann endlich gefunden haben gibts nix. Sabine kauft die letzten zwei Wasserflaschen nach dem Motto support your local dealer.
Ein Blick in die Karte verrät, bald kommt Thurso, dann kaufen wir da ein. Gleich am Ortseingang wartet ein Lidl. Sabine kauft nur lokale Produkte und die Brötchen sind die besten, die wir in England und Schotland bis jetzt hatten. Ausserdem gibts „german pretzel“, sehr zur Freude unserer Tochter.
Das Mittagessen nehmen wir dann in Castletown auf dem Parkplatz des Flagstones Trails ein. Gestärkt geraten wir dann sogleich in eine Falle. Keine Tourifalle, sondern eher von der Sorte Kannenpflanze. Wir betreten nämlich das Heritage Center, in der Erwartung, hier eine interessante Austellung über das einstige lokale Exportprodukt, den Flagstone zu sehen. Von aussen ist dies auch sehr schön gestaltet und lockt (wie die Kannenpflanze). Kaum drinnen schnappt die Falle zu. In Form einer älteren Dame, die uns sofort zutextet, einem einzigen Raum, in dem ein paar Fotowände herum stehen mit den lokalen „Helden“. Oh je, wir sind die einzigen Besucher, die Frau lässt nicht locker, macht auch noch einen Film über ein lokales Tankerunglück an und belabert meine Frauen. Ich schaue mir die „Ausstellung“ an und überlege wie wir jetzt einen Rückzug organisieren könnten. Die Exponate sind alte, schlecht reproduzierte 14×10 Fotos von harvarierten Schiffen, einem „Piraten“, Anglerglück und ähnliches. Wir schaffen nach einiger Zeit den organisierten Rückzug zum sonnigen draussen und wenden uns endlich dem Flagstone Trail zu. Im Reiseführer hört sich der sehr interessant an, es stehen auch einige Infotafeln rum, aber der Informationsgehalt ist recht dünn, man sieht einige Gebäudereste, Reste einer Windmühle usw, aber wenn man die Tafel am Eingang nicht auswendig gelernt hat, erfährt man das auf dem Weg nicht mehr.
Also recht mittelmäßig, die Infos, die man bekommt kann man in zwei Sätzen zusammenfassen: Mitte des 18. Jahrhunderts wurde die widerstandsfähigen Kalksteinplatten als Baumaterial entdeckt, und bald im grossen Stil abgebaut. Bis zu 500 Leuten arbeiteten hier um 1900 und die Flagstones wurden bis nach Australien verschifft. Dazu ist der Hafen aber überraschend klein, da passt ja gerade mal ein größeres Ruderboot in die Einfahrt. Nun gut, irgendwie hatten wir uns mehr Infos und einen längeren Weg erwartet, ziemliches Mittelmaß.
Nächster Programmpunkt, Dunnet Head, das Nordkapp Großbrittaniens. Nunja, das Wetter zieht gewaltig zu, oben schauen wir auf Wolken, statt auf Orkney und der Cliffview ist ein Gag, denn die Mauer steht midestens 5 Meter von der Klippenkante weg, sodass man gar nicht nach unten schauen kann. Ein ziemlicher Reinfall also.
Bei dem schlechten Wetter haben wir jetzt auch keine Lust mehr zu den Ducansby Stacks zu fahren, vielleicht ist es ja auf dem Rückweg besser. Wir fahren also auf gut Glück zur Fähre. Und tatsächlich, wir können kostenlos umbuchen und auf der nächsten ist auch noch Platz.
Zwei Stunden stehen wir im Hafen, basteln, lesen und ärgern uns über die Tochter, dann läuft die Fähre ein. Ein Katamaran, sieht schon mal ziemlich spacig aus. Ein Paar Autos fahren raus, ein paar rein und dann dürfen die Wohnmobile, genau zwei inklusive uns. Wir müssen aber rückwärts rein, womit der ältere Herr vor uns mit seinem Mietmobil einige Schwierigkeiten hat. Ich kann ihm immerhin zeigen wie man den Warnblinker wieder ausschaltet, den er beim Rangieren irgendwie angemacht hat.
Der Katamaran beschleunigt schnell und schon entfernt sich die Küste. Ein paar Frachter dümpeln im Nieselregen im Pentland Firth und im Fernsehen läuft der Eurovision Song Contest. Soweit, so langweilig, aber man kann dem Kapitän über die Schulter schauen, da das ‚Sun Deck‘ (Haha) auf gleicher Höhe wie die Brücke liegt. Auf mehreren Monitoren werden alle relevanten Infos angezeigt: Sonar, GPS, Radar und ein paar Bordcameras. Der Pilotensessel hat sogar Anschnallgurte. Örg, ich will gar nicht bei dem Seegang dabei sein, wenn man die braucht. Die See ist heute allerdings ruhig und der Kat gleitet ruhig und schnell dahin.
Nach einer Stunde sind wir auch planmäßig da und fahren noch die paar Meter zu einem wunderbaren Stellplatz am Meer. Das Wetter ist nach wie vor schlecht, die Bucht aber schön, und vor dem Essen laufen wir noch ein paar Meter über den Strand, um halb neun übrigens… So endet dieser Tag des Mittelmaßes doch noch versöhnlich.
Stellplatz: Hoxa Halbinsel, schöne Sandbucht, Toilettenhäuschen ++