Das Wetter ist besser als erwartet. Und da keiner gestern Bock auf noch mehr Höhenmeter hatte, verschoben wir die Lundiwanderung auf heute.

Wir sind wieder frisch und steigen so beschwingt mal wieder senkrecht den extrem steilen Hang hinauf. Den Hang direkt gegenüber des Campings. Ganz senkrecht immerhin nicht, es sind Serpentinen eingebaut. Und auf der Hälfte des Hangs sind Felsen eingestreut.

Auf diese halten wir nun zu. Papageientaucher sausen in Mengen über unsere Köpfe hinweg. Der Reiseführer hatte im Vorfeld Pessimismus verbreitet. Die Sandaale – die Lieblingsnahrung brütender Puffins – blieben wohl aus die letzten Jahre. So seien die einst Millionen zählenden Kolonien verwaist.

Es scheint sich aber wieder gebessert zu haben. Der Hang in der Nähe der Felsen ist durchlöchert von Höhlen. Und vor jeder sitzt mindestens ein Vogel. Auch auf Felsköpfen und Spitzen sitzen sie. Gleich zu mehreren!

Hello!

Toll, gleich vom Wanderweg aus sehen wir hunderte Vögel. Ich fotografiere, bis die Speicherkarte glüht. Hilfe, die Bilder muss ich irgendwann sortieren. Wie auch immer, überall sitzen und fliegen Lundis. Es macht Spaß einfach im Gras zu sitzen und diese drolligen Vögel zu beobachten.

unsere Lieblingsvögel

Sie sehen nicht nur lustig aus, mit ihrem dicken bunten Schnabel, sie fliegen auch sehr lustig. Deshalb werden sie die Clowns der Lüfte genannt.

vorne (unscharf) startender Lundi – hinten der versucht zu landen

Zum Starten stürzen sie sich praktisch in die Tiefe, um dann mit schnellen Schlägen ihrer Stummelflügel zu fliegen. Beim Landen stehen sie fast aufrecht in der Luft mit weit abgespreizten Beinen, den Kopf ganz konzentriert nach vorne gereckt.

im Flug

Wir schauen und schauen. Dann steigen wir noch ein paar Kehren weiter nach oben. Hier haben wir wieder neue Ausblicke auf noch mehr Puffins. Irgendwann lösen wir uns doch noch von den Anblicken und steigen steil zum Grat auf.

ein ehemaliger Kraterrand – was sonst

Oben angelangt, können wir auf die andere Seite schauen. Und weit übers Meer hinaus. Eigentlich geht die Wanderung den Grat entlang auf den Gipfel. Doch Aussicht hatten wir gestern genug, wir wollen lieber noch ein paar Papageientaucher gucken gehen. Und hier oben sind keine.

ein beeindruckender Grat

Also steigen wir wieder ab. Es ist wirklich steil, aber da es trocken ist (erwähnte ich schon das Wetter?) kein Problem. Unterwegs halten wir ein paarmal, um Vögel zu gucken. Es gibt natürlich noch weitere Arten, aber wir sind alle drei irgendwie keine Vogelfreunde. Uns interessieren tatsächlich nur die süßen Lundis.

noch mehr Lundis

er guckt was ich da mache

Wieder unten nutzt Tochter den nahen Spielplatz mit toller Seilrutsche, dann fahren wir zur Freude derselben endlich zum Museum Eldheimar. Das thront in einem futuristischen Bau über dem Ort.

Viel Eintritt später stehen wir drin. Und vor einem kaputten Haus!

Dieses Haus wahr 2 Jahre ‚alt‘ als es veschüttet wurde

Der Vulkanausbruch, der 1973 den Krater Eldfell entstehen ließ, hatte es verschüttet. Unter vielen Metern Asche. 2006 wurde es ausgegraben und das Museum drumherum erbaut.

Es vermittelt eindrucksvoll die Zerstörungskraft eines plötzlichen Vulkanausbruchs. Drumherum ist in vielen Bildern der Verlauf und die Auswirkungen dieses Ausbruchs dargestellt.

erinnert an Herculaneum

Wir haben einen Audioguide bekommen, der alles auch auf deutsch erklärt. Das freut Tochter natürlich besonders.

Wir staunen was hier damals passierte, und wie die Bewohner damals kämpften. Mitten in der Nacht bildete sich eine Spalte unter einer Farm, aus der Lava empor spritzte. Weitere Lava ergoss sich ins Meer. Doch dann auch in Richtung Ort und zerstörte die ersten Häuser.

DIe Katastrophe von Heimaey – 1973 öffnete sich hinter dem Ort eine Vulkanspalte

Durch eine glücklichen Zufall (es gab Sturm am Tag zuvor) befanden sich alle Fischkutter im Hafen und so konnten alle 5000 Einwohner ruckzuck damit evakuiert werden.

vor dem Ausbruch

Der Lavastrom verstärkte sich in den nächsten Wochen und die zurückgebliebenen Helfer kämpften gegen den Strom, der Haus um Haus niederwalzte. Mit Wasser aus unzähligen Spritzen wurde versucht die Stadt zu retten und auch die lebenswichtige Hafeneinfahrt.

selbe Perspekive danach – ein Drittel der Stadt ist vom Lavastrom zermalmt

Und es gelang, der Lavastrom kam zum Stillstand und hatte nach 5 Monaten über 400 Häuser zerstört, aber nur ein Menschenleben gefordert. Ein neuer Berg war hinter der Stadt entstanden und die Insel um 15 % gewachsen. Das ist jetzt die Kurzversion der Ereignisse. Eine Doku im kleinen Kino zeigt diese extrem eindrücklich.

Im Obergeschoss ist eine kleine Ausstellung zur Insel Surtsey. 1963 brach ein unterseeischer Vulkan südlich der Westmännerinseln aus und schuf innerhalb drei Jahre eine neue Insel. Sehr interessant, aber die Ausstellung dazu ist doch eher dürftig.

Da schauen wir uns unten doch lieber nochmal das zerstörte Haus an. Ein drittel der Stadt Heimaey wurde damals durch den Lavastrom zerstört. Und ein weiteres Drittel unter bis zu 15 Meter hoher Asche begraben.

Die zurückgekehrten Bewohner gruben monatelang ihre Häuser, Straßen und Gärten aus. Und heute sieht man nichts mehr davon, dass hier meterhoch die Tephra in den Straßen lag.

Das war mal spannend!

Es bleibt noch etwas Zeit bis zur Fähre. Also fahren wir das kleine Stück zur Südspitze der Insel nach Storhöfdi. Wir prügeln unser Auto das 12% Sträßchen bis hoch zum kleinen Leuchtturm. Nur um dort festzustellen, das man Surtsey gar nicht sieht, da eine andere Insel direkt davor ist. Auch sonst hat der Ort nicht viel zu bieten, also düsen wir wieder zurück und suchen den Walk über die Lava, den der Audioguide erwähnte.

Der Balkon steht noch, das Haus dahinter wurde vom Lavastrom plattgewalzt

Zuerst finden wir jedoch einen Balkon. Wir stehen genau am Rand des Lavastroms, der sich damals durch den Ort wälzte. Und vor uns stand einst ein stattliches Haus. Und davon ist nun nur noch der Balkon übrig, dahinter befindet sich jetzt eine Wand aus Vulkangestein. Etwas bedrückend.

Im Vordergrund der Lavastrom, dahinter der stehengebliebene Teil des Ortes

Um die Ecke findet sich dann die Treppe, die auf den Strom führt. Mit Pflöcken ist der Verlauf der Hauptstraße markiert und auf Holzpfählen lesen wir die Namen der Straßen, die sich jetzt unter uns befinden. Mit 15m Gestein dazwischen. Wir laufen die Wege ab nach Westen. Ab und an findet sich ein Gedenkstein für ein Haus unter uns.

Der Weg führt uns zum Hafen, bzw. dessen Ende. An der Stabkirche waren wir schon gestern aber oberhalb befand sich der Wasserbehälter des Ortes. Der Strom wurde genau an dessen Außenmauer gestoppt. Und so ist er heute mit Gestein gefüllt statt mit Wasser. Das zugehörige Schwimmbad ist allerdings komplett verschwunden.

Der Wasserbehälter (links) ist nun mit Gestein gefüllt

Jetzt ist es Zeit zur Fähre zu fahren. Eine hochinteressante Insel, was für eine gute Idee, das wir noch hierhin gefahren sind! Eine Stadt inmitten eines alten Vulkans, flankiert von dem jüngsten Vulkan der Welt und mit einer kämpferischen Historie.

heute sieht es friedlich aus

Im Schiff stehe ich ganz vorne, neben mir einer diesen monströsen Superjeeps, ich gucke im von der Seite auf die Trittbretter, so hoch ist das Ding.

Superjeep

Größenvergleich

Auf dem Festland fahren wir noch ein paar Kilometer nach Norden, bis zum nächsten Camping Richtung Hochland.

Camping Brautarholt: Der hässlichste Camping, auf dem wir während der ganzen Reise waren, dazu auch noch teuer, löchrige Wiese, rechteckig von halbkahlen Bäumen eingefasst. Warum ist hier nur soviel los?