Das Wetter passt. Ich habe 2 Tage frei. Ab in den Süden! Eigentlich sollte es in die Vogesen gehen. Doch im Allgäu sieht die Vorhersage noch viel besser aus. 15°, keine Wolken und das Ende März… also schnell umgeplant und schon rolle ich gen Süden.
Leider recht lange, aber Opfer muss man bringen. So ist es schon Nachmittag als ich endlich durch Immenstadt staue. Genau, so habe ich das Allgäu doch in Erinnerung. Auch am Alpsee ist die Hölle los, man findet kaum einen Parkplatz. Ganz am Ende des Sees finde ich endlich ein ruhiges Plätzchen, um mein Mittagessen zu verspeisen.
Irgendwie fängt das jetzt nicht so gut an, voll und stauig und überhaupt. Doch mit gefülltem Magen gehts jetzt gleich besser weiter. Meine Karte ist zwar ein paar Kilometer vorher schon zu Ende, aber die Strecke wird nun umso besser.
Ich drehe die klassische Hinterwaldrunde über Balderschwang. Es ist Ende März, die Straße ist trocken, der Himmel blau. Ich gleite durch die wunderschöne Landschaft dem Riedbergpass entgegen. Alles ist noch abgestorben und ziemlich braun.
Doch je höher ich komme, desto weisser wird es! Die Nagelfluhkette zur rechten leuchtet hell in der Ferne.
Bald fahre ich neben Langläufern und in – bis auf meine Straße – geschlossener Schneedecke. Hier ist der Wintersport noch in vollem Gange, bei nun 12 Grad Frühlingstemperatur.
Da fahre ich nun schön durch, genieße die Aussicht und freue mich, dass ich die Langlaufskier schon in den Keller geräumt habe. In schönen Schlangenlinien wedele ich nun wieder bergab, Oberstdorf entgegen. Unten auf dem Talgrund ist es schön grün und ich kann einen Campingplatz suchen. Im Schnee wollte ich mein Zelt dann doch nicht aufschlagen.
In Oberstdorf gibts einen Zeltplatz, und offen ist er auch noch. Wunderbar, kann ich als einziger Camper zwischen den ganzen Dauercampern sogar auf Rasen mein Zelt aufstellen. Die Szenerie ist, wenn man in die richtige Richtung schaut, sogar grandios. Dass ich direkt neben dem Bahndamm campe, werde ich allerdings erst heute Nacht bemerken.
Es ist allerdings erst kurz nach fünf, dank Sommerzeit habe ich noch zwei Stunden Helligkeit, da könnte ich doch noch eine kleine Sackgasse in den Schnee nehmen. Also fahre ich noch die Stichstraße ins Kleinwalsertal hoch.
Fahrerisch ist das natürlich wie alles zuvor keine Herausforderung. Zudem alles geschwindigkeitsreguliert ist. Und überwacht übrigens auch …
Aber die Umgebung ist schön, steile, schneebedeckte Hänge rechts und links, teils nette Bebauung. Da tucker ich also hoch, schaue mich um und tuckere wieder runter. Jetzt in der Nebensaison ist hier immerhin absolut kein Verkehr mehr. Also alles ganz entspannt. Eigentlich wollte ich ja einkehren. Doch ich finde irgendwie nichts Passendes, entweder zu fein oder Ruhetag. Schlussendlich lande ich bei McDoof, immerhin ist die Aussicht schön …
Im Dunkeln komme ich auf dem Zeltplatz an. Zum Glück steht das Zelt bereits – ein guter Plan! Doch nun, da die Sonne weg ist, wird es schnell empfindlich kalt. Ich krieche in den Schlafsack und lese noch ein wenig. Doch es ist zu kalt um den Arm dauerhaft rauszuhalten, und so schlafe ich lieber schnell ein.
Mitten in der Nacht wache ich bibbernd auf. So ein Mist, warum habe ich eigentlich nur den 0° Schlafsack und die superleichte Isomatte mitgenommen? In den Vogesen wäre es bestimmt wärmer gewesen… Naja, ich mache mir warme Gedanken und rolle mich zusammen.
Am nächsten Morgen ist die Zeltplane steifgefroren. Tja, ich auch ein wenig, aber eine heiße Dusche schafft schnell Abhilfe. Als ich aus dem Duschgebäude wieder heraus komme, scheint die Sonne. Jetzt wird es schnell wärmer, ich muss noch nicht mal die Jacke anziehen.
Schon bald verlasse ich nun die Felsenrunde von Oberstdorf. Wirklich ein schönes Panorama haben sie hier. Doch man kommt nicht besonderes nahe heran. Zumindest mit dem Motorrad. Zu Fuß war ich da oben allerdings schonmal.
Mit dem Moped fahre ich lieber wieder etwas zurück. Und dann rechts ab Richtung Bad Hindelang. In leichten Schwüngen geht es von hier zum Oberjoch. Es hat 15 Grad, die Sonne scheint, wunderbar, ein echter Frühlingstag.
Ins Tannheimer Tal führt die Straße. Auch hier liegt nun ein Schneedecke auf den Hängen. Lange ists her, als ich hier mit dem Gleitschirm durch die Wolkendecke stieß. Doch im Hier und Jetzt führt die Straße nur geradeaus, viel Zeit zum Nachdenken.
Etwas spannender wird es am Haldensee, denn hier liegt noch die winterliche Eisdecke weißleuchtend über dem dunklen Wasser. Ich fahre über Reutte und umrunde die Tannheimer Berge, da meine ‚Motorradkarte‘ dies als gepunktete Strecke ausgibt. Was immer die Punkte bedeuten, es lohnt sich nicht, man gurkt hauptsächlich durch mehr oder weniger lichte Bebauung.
So treffe ich eine Stunde später wieder auf den Haldensee und biege dann rechts ab. Jetzt beginnt wirklich die grandiose Bergwelt. Und ich fahre mittendrin, um mich herum schneebedeckte Zweitausender. Perfekt trockene Straße, allerdings meist geradeaus.
Die schönen Pässe sind natürlich noch geschlossen am 1. April. So biege ich nun ein paar mal ab, um der Bergwelt in U-Turns näher zu kommen. Auch wenn sich keine schöne Runde basteln lässt.
Der erste Turningpoint findet sich im Örtchen mit dem schönen Namen Namlos. Es ginge hier zwar weiter, aber da geht es nur zum Fernpass und auf Fernlaster Verkehr hab ich keine Lust.
Also kehre ich um und suche eigentlich eine Bank zum Mittag machen. Doch die einzige, die ich auf der ganzen Strecke entdecke, ist doch tatsächlich bereits besetzt.
Also zum nächsten Tal. Eher zum übernächsten, denn das Hahntennjoch hat Wintersperre. Das Gramaiser Tal fahre ich bis zum Ende und gelange laut Eigenwerbung zur kleinsten eigenständigen Gemeinde Österreichs. Schön haben sie es hier.
Umgeben von einer wirklichen grandiosen Bergkulisse stehen hübsche Holzhäuser im wirklich kleinen Dorf. Immerhin mit eigener Kirche und Gasthaus.
Welches natürlich noch Betriebsruhe hat. Dafür haben sie entlang der kleinen Zufahrtsstraße Bänke aufgestellt. Sogar mehrere, da kann ich mir die schönste aussuchen.
Hier sitze ich nun in der Sonne, schaue auf verschneite, schroffe Berghänge gegenüber und schwitze dermaßen, dass ich bis aufs Shirt aus den Mopedklamotten schäle.
Witzigerweise stelle ich nach einem Blick auf die Karte fest, dass ich letztes Jahr da hinten – genau auf der Gräte – mit Family einen Klettersteig gemacht habe. Die Alpen sind doch klein…
Lange sitze ich in der Sonne und genieße die Szenerie. Doch irgendwann muss ich weiter. In schönen Kurven wieder bergab zum Lechtal. Diesem folge ich nun nach Westen durch die durchaus hübschen Dörfer.
Der Hochtannbergpass ist offen und auf diesen halte ich nun zu. Ist unten auf dem Talgrund schon der Frühling ausgebrochen, so herrscht oben noch Winter. Leute laden gerade Skiausrüstung aus dem Auto und Langläufer machen sich bereit. Und ich brettere mit dem Motorrad vorbei. Schon etwas komisch.
Auf der anderen Seite wedele ich nun die lockeren Kehren wieder herunter. Und lande im Bregenzerwald.
Vom Gleitschirmfliegen wohlbekannt war ich doch schon lange nicht mehr hier. Der markante Fels weist den Weg zum Talausgang. Diesem Wegweiser folge ich nun.
Doch über Bregenz will ich nicht nach Hause, außerdem habe ich noch etwas Zeit. Also nehme ich die kleinsten Sträßchen, die ich finden kann. Diese führen mich an einem wirklich urigen Spar vorbei. Links ein Holzhaus, rechts ein weiteres und hinter der schmalen Durchfahrt der kleine Laden. Ich bin schon dran vorbei, und muss nochmal umdrehen. In dieser Idylle stelle ich nun den Tiger ab. Links steht ein Pony und es riecht nach Misthaufen, im Hintergrund schneebedeckte Berge. Mehr Dorfidylle geht nicht.
Bald biege ich wieder ab, Richtung Balderschwang. Auf der Suche nach einer Bank lande ich vor einem kleinen Kirchlein. Hier sitze ich gut behütet und verspeise meine Einkäufe aus dem Dorfladen.
Man scheint hier recht gläubig zu sein. In der halben Stunde, die ich da sitze, gehen doch tatsächlich drei Damen da rein, bleiben ein paar Minuten und kommen wieder raus. Einzeln, nicht zusammen. Da gehe ich doch auch einmal rein. Recht hübsch mit Deckengemälde und allem.
Zum Abschluss fahre ich nochmal über Balderschwang. Das war er nun dann auch schon, der Kurzurlaub im Allgäu – und Lechtal. Fahrerisch doch etwas enttäuschend, aber landschaftlich überraschend überragend. Dadurch dass überall noch der frische Schnee auf den Hängen und in den hohen Täler lag ein wunderbarer Kontrast zum frühsommerlichen Wetter.
Hat sich also wirklich gelohnt, auch wenn dreieinhalb Stunden Anfahrt dafür kein Pappenstiel sind. Doch mit der Triumph Tiger (800) wenigstens ganz entspannt über die Autobahn. Kein Lkw Gehopse wie mit der Himalaya. Von den deutlich souveräneren Fahreigenschaften, der hohen Scheibe und demm Tempomaten ganz zu schweigen.