Wir befinden uns in der Cerdagne. Und in dieser Region gibt es die meisten Sonnenstunden in ganz Frankreich, haben wir mal gelernt. Und bekommen es auch heute noch beim Solarkraftwerk bestätigt. Aber das Wettergeschehen weiß davon wohl nichts. Heute nacht hat es schon wieder geregnet. Und jetzt am morgen ist es wieder bedeckt. Wir machen natürlich trotzdem eine Runde durch den Ort, und pünktlich kommt die Sonne raus. Hier gibt es den ersten Solarofen der Region zu bestaunen. 1949 von einem gewissen Professor Trombe gebaut, gar nicht mal zur Stromerzeugung sondern anscheinend zur Hochtemperaturforschung. Wir überlegen das ganze zu besichtigen, aber das geht nur mit Führung und die Aussicht für 11€ auf Französisch belabert zu werden lässt uns davon absehen. Wir schauen uns noch lieber etwas im Shop um und entdecken massive Metallplatten, Eisenbahnschienen und Gestein, dass vom Solarofen aufgeschmolzen wurde.

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Der Stellplatz von der anderen Seite – im Hintergrund der Solarofen

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Ein mit Sonnenenergie aufgeschmolzener Metallblock

Um die Ecke kann man dann auch den Ofen selbst bestaunen. Dejavue! Vor 13 Jahren standen wir als Studenten schonmal am selben Punkt…

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Der Solarofen – mitten auf die Festungsmauer gezimmert, was würden heute wohl die Denkmalschützer dazu sagen?

Wir weiten das Thema Solarenergie noch weiter aus und fahren zur neueren und deutlich größeren Anlage nach Font Romeu-Odeillo. Hier wird das Licht mit 60 einzeln drehbaren Spiegeln auf den großen Parabolspiegel geleitet. Auch hier dient die Anlage zu Forschungszwecken. Wir wandern ein bisschen herum, im Foyer gibt es wohl eine interessante Ausstellung, wir können es nicht verifizieren, denn wir erkundigen uns extra, aber alle Schilder seien nur auf französisch. Ich meine, ich hatte das ja in der Schule, aber hab drauf angestoßen als die letzte Stunde rum war. Und die Weltsprache ist eben nicht Französisch, sondern Englisch. Naja wir schenken uns also die Ausstellung, die Physik dazu kann ich Mara auch so erklären, auch wenn sie es noch nicht versteht.

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Der Monster Parabolspiegel

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Über 60 von diesen Spiegeln stehen am Hang und leiten das Sonnenlicht in den Parabolspiegel

Jetzt machen wir tagelang schon Touriprogramm, es juckt mich ja doch auch mal wandern zu gehen! Dazu habe ich schon eine Tour ausgeguckt, Nr. 49 in diesem Führer (link). Doch es ist nun schon halb vier und damit deutlich zu spät für eine Wanderung, zu der wir auch noch hinfahren müssen. Außerdem hängen über den Bergen noch dicke Cumuli. Wir entschließen uns, einfach doch zum Ausgangspunkt hinzufahren, dort einen ruhigen zu machen und morgen früh dann loszulaufen.

Daraus wird natürlich nichts, aber das wissen wir noch nicht. Wir fahren erstmal weiter nach Westen, die Cerdagne ist wirklich schön, und überqueren bei Bourg-Madame (was ein schöner Ortsname) die Grenze nach Spanien. Erstes Problem: Wo ist eigentlich der Einstieg zur Wanderung? Unsere 200000er Karte (link) und unser Navi finden den Ort, den der Wanderführer angibt, nämlich nicht. Wir fahren also zum Talort (quasi) Martinet und hoffen auf eine Ausschilderung auf der Estana (der Ausgangspunkt) steht. Fehlanzeige, wir fahren noch 5km weiter, nix. Also drehen wir wieder um und fahren auf gut Glück die einzige Strasse die im Ort nach Süden abgeht Richtung Montella. Und tatsächlich, nach ein paar Kilometern auf der kleinen Straße zeigt ein winziger Wegweiser nach Estana. Die Straße wird noch schmaler und wir quälen den Bus jetzt über winzige Serpentinen 600 Höhenmeter nach oben. Die Straße ist schmal, die Kurven eng, teilweise haben wir ein glattes Asphaltband und teilweise reiht sich Schlagloch an Schlagloch. Dazu haben wir auch noch richtig viel Gegenverkehr. Über eine halbe Stunde kurven wir nun so mit knapp 30kmh in die Berge. Ich male mir schon aus, dass wir dann an der Ortseinfahrt scheitern werden, weil sie ein Tor ala ‚Spiel mir das Lied vom Tod‘ hat. Ganz so ist es nicht. Die Ortsdurchfahrt durch Estana ist schmal, verdammt schmal, aber wir kommen durch. Nur wenig hinter dem Ort soll der sagenhafte Picknickplatz Coll de Pallers liegen, hier wollen wir übernachten und zur Wanderung aufbrechen, so der Plan.

Doch ich muss abrupt stehen bleiben. Der Weg verliert seinen Teer (nicht so schlimm), geht steil bergab (schon schlimmer) und wird verdammt eng und zugewachsen (fatal). Ne, da fahre ich nicht durch! Wenn mein Lebensglück davon abhinge, dann könnte man da in zentimetergenauer Kurbelei mit Einweiser runter, aber nicht für eine blöde Wanderung. Kurz beraten wir, aber hier können wir nicht stehenbleiben, wir blockieren den Dorfweg. Also wieder rückwärts bis zum kleinen Platz mit den Mülleimern. Das ist schön blöd genug, es ist eng, kurvig, überall ragen Dächer, Mauern und sonstiges raus. Und der Rückwärtsgang ist so blödsinnig schnell übersetzt.

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Der Weiler Estana

 

Ohne Dellen stossen wir rückwärts auf den Platz, wenden in 5 Zügen und quetschen uns irgendwie noch an die Seite an die Böschungsmauer. Müsste gehen, jetzt hat sicherlich schon der ganze Ort gemerkt, dass wir da sind. Ein Opa taucht auch gleich hinten auf einem Balkon auf, ein anderer aus dem Haus hinter uns.

Jaaa, hier am Strassenrand mitten im 20 Seelendorf will ich eigentlich nicht übernachten, ich komme mir etwas beobachtet vor. Also planen wir schnell um. Es ist jetzt 5 Uhr. Knapp 3 Stunden dauert die Wanderung, danach fahren wir wieder runter, denn unten am Fluss an der Hauptstraße haben wir noch einen Notplatz entdeckt. Ich bespasse schnell noch Mara auf dem nahen Spielplatz, Sabine packt und 15 Minuten später laufen wir auch schon. 700 Meter sinds noch zum Picknickplatz, die wir jetzt natürlich noch zusätzlich erwandern müssen.

Der Platz wäre wirklich sehr schön, Tisch und Bänke, Aussicht nach zwei Seiten, mitten im Grünen. Ich empfehle aber nur Fahrzeugen in VW-Bus Größe mit guter Bodenfreiheit dahin zu fahren.

Wie auch immer, von hier startet die eigentliche Wanderung zum Prat de Cadi. Die Wegfindung ist kein Problem, der Weg ist breit ausgetreten, aber steinig und felsig. Dafür laufen wir auf Tochters Lieblingsfarbe! Die Felsen sind lila! Das wird auch von ihr gewürdigt. Wir sind ja nun sehr spät, deshalb trage ich unsere vierjährige in der Trage nach oben. Wir machen denn auch gewaltig Tempo, auch wenn die Landschaft so schön um uns herum ist, das wir immer mal wieder Fotopause machen müssen. Es geht 300 Höhenmeter ziemlich steil und unwegsam bergan. Der Wald ist ein wunderbarer Märchenwald und ab und an bieten sich schon Ausblicke in die Sierra de Cadi. Die hatte man natürlich vom Dorf schon, aber man kann ja nicht alles gleich verraten. Deshalb sind wir nämlich hier, wir bewegen uns unterhalb der 500m hohen Felsklippe der Sierra de Cadi und erhoffen uns entsprechende Ausblicke.

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Es geht los – links die Piste zum Picknickplatz

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Da ist sie schon – Sierra de Cadi

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Über Stock und (lila) Stein geht es nach oben

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Der Collet Roig, ab hier wird entspannt

Ab dem Collet Roig wandelt sich der Charakter des Weges komplett. Ein schönster Waldpfad durch ebenso schönen Hochwald führt jetzt fast eben zum Ziel. Wir spurten an und nach nur 1:15h erreichen wir unser Ziel, die Prat de Cadi. Dies ist eine Wiese unterhalb – eigentlich sogar fast inmitten, da die Felsen sich halbrund um uns auftürmen – der Sierra. Das Timing ist perfekt, das Abendlicht bescheint sowohl die Wiese als auch die Nordwand. Zudem kamen uns alle anderen schon entgegen, so dass wir diesen Platz für uns allein haben. ‚Ein schöner Ort‘ rief eben auch unsere Tochter aus, als wir um die Ecke bogen. Dem ist nichts mehr hinzuzufügen, außer das es auch noch ein Doppelecho gibt, welches wir ausgiebig testen.

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Prat de Cadi, ein ’schöner Ort‘ – und auf dem Foto ist nur ein Drittel des Bergpanoramas!

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Zeit fürs Picknick

Hier machen wir natürlich Picknick, wir haben alles dabei, und da wir weit schneller als der Wanderführer waren, haben wir sogar Zeit. Doch die Schatten wandern auf uns zu und es wird kühl. Keiner hat also etwas dagegen das wir uns auf den Rückweg machen. Jetzt darf und will Tochter laufen und erstaunlich schnell und geschickt düst sie mit und ohne Hand den schwierigen Weg wieder runter. Nach kurzer Zeit kommt uns sogar noch eine spanische Großfamilie entgegen, die etwas mitgenommen fragt, wie weit es denn noch sei. Als wir sagen, nur 10 Minuten sind sie echt erleichtert. Tochter läuft also alles wieder runter und gegen halb neun sind wir wieder am Bus. Schnell alle rein, und nach unten gefahren. Trotzdem wird es ein sehr spätes Abendessen, Tochter trägt es aber mit Fassung, denn es gibt ihr Lieblingsessen: Spaghetti mit Tomatensoße…

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Der kleine Weiler Estana am Ende der ebenso kleinen Strasse

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Auf dem Rückweg

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im schönsten Abendlicht

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Kiefernwurzel

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Zum Abschluß nochmal die Sierra de Cadi

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Stellplatz Musee del Bunquer – kein schönes Photo, ich wollte ja morgens ein besseres machen

 

Stellplatz: Großer Parkplatz am Musee del Bunquer, eben, lauschig, vielleicht schauen wir morgen das Gelände mal an.