Es wird langsam warm unterm Dach. Wir sollten doch endlich mal aufstehen. Das Wetter sieht entgegen den Vorhersagen ganz passabel aus. Wir überlegen ob wir noch eine gemütliche Runde um Guttannen drehen sollen oder direkt zur Gelmerbahn. In den Bergen hängen die Wolken. Währe blöd, wenn wir da hochfahren und stehen mitten im Nebel. Fragen über Fragen…

Das Glück ist ja mit den Mutigen und so entscheiden wir uns für die Fahrt mit der Bahn. Die Wanderung um Guttannen lassen wir aber weg, dann haben wir mehr Zeit oben am See.

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Die Gelmerbahn

Also auf zum Parkplatz der Gelmerbahn, den wir ja von gestern schon kennen. Wir packen Picknick und warme Klamotten, schultern die Trage und stiefeln zur Bahn. Wieder einige Zehnerfranken ärmer dürfen wir auch schon einsteigen und ohne Wartezeit geht’s los!

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106% lassen sich nicht verbergen

Die Gelmerbahn ist eine Standseilbahn mit 1028m Streckenlänge bei 450m Höhendifferenz. Das hört sich jetzt noch nicht soo gewaltig an, aber sie ist direkt an den Hang gebaut. Die maximale Steigung sind denn auch 106%, das dürften so grob überschlagen 48° sein. Im Fußgängertempo geht es nun steil aufwärts. Am Anfang hat man das Gefühl, das ist schon steil, aber das steigert sich noch. Irgendwann schaut man vorne fast senkrecht nach unten und fährt im selben Winkel wie die Kletterer an der Wand nebenan nach oben.

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Fast im selben Winkel wie die Kletterer nebenan fahren wir nach oben

Die Bahn wurde übrigens schon 1926 als Transportbahn für den Bau des Stausees gebaut und erst 2001 auf Tourismus umgewidmet.

Nach nur 10 Minuten Fahrt sind wir oben in der alpinen Zone. Die Sonne scheint, also zum Glück keine Wanderung in der Wolke. Wir wollen nämlich den Gelmersee unrunden. Dieser ist ein Stausee auf 1850m Höhe der von einer 1926 gebauten Staumauer (deshalb ja auch die Bahn) zurückgehalten wird.

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1900m hoch am Gelmersee

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In dem Gelände dann doch lieber in die Trage

Wir laufen nun im Uhrzeigersinn um den See, denn die das Nordufer liegt schön im Sonnenlicht. Der Weg ist teilweise in den Fels gehauen, sodass Mara natürlich in die Trage kommt. Ohne viele Höhenmeter geht es nun leicht ausgesetzt immer hart am Fels einige Meter über dem See Richtung Seeende. Die Ausblicke in die von den Eiszeitgletschern glatt geschliffenen Wände sind grandios.

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Gletscherschliff um uns herum

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Jaja, so blau blüht der Enzian, lala..

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Was für ne Wand, da fällt mir ein ich war schon lange nicht mehr klettern

Stromlinienförmige, hunderte Meter hohe Wände, im Hintergrund plätschern Wasserfälle und unten leuchtet gletschergrau der See. Das Szenario gefällt uns und bald erreichen wir den Abzweig zur Gelmerhütte. Diesen lassen wir aber links liegen und wenden uns nach einer kleinen Rast am Bach Richtung Ostufer.

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Blick nach Süden

Hier führt der Weg sogar drahtseilgesichert über kleine Rampen direkt über den gletschergeschliffenen Fels. Am Südufer wandert man dann wieder etwas aufwärts um als Nervenkitzel des Tages zwei Altschneefelder zu queren. Der Schnee ist sehr weich, ich bastele mir aus einem stabilen Stock einen Pickel und so steigen wir sicher hinüber.

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Am Nordhang liegt noch ein Schneefeld – mit HightechPickel aus dem Outdoorzubehör kein Problem

Auch hier sind die Aussichten vor allem in die glatten Wände auf der anderen Seeseite fantastisch. Stufig stiegen wir nun wieder Richtung Seeniveau herab, als wir von einer entgegenkommenden Frau angesprochen werden, wie lange der Weg denn so bleiben würde. Wir sind etwas überfordert mit der Frage, der Weg ist doch die ganze Zeit so, bzw. noch viel ausgesetzter, von der Klettersteigpassage und dem Altschnee ganz zu schweigen. Des Rätsels Lösung: nach wenigen Metern erreichen wir eine alte Baustrasse, die die restlichen Meter um den See führt und dort wartet der Mann mit Kind und Kinderwagen! Um einen Minischneerest haben sie den schon rumgetragen, aber wir empfehlen eher nicht weiterzugehen.

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Spazierweg – Kinderwagentauglich

Hier machen wir wieder eine kleine Rast, geniessen die Aussicht und Brot und Wurst vom Ballenberg. Schnell bringen wir noch die restlichen Meter zur Bergstation hinter uns.

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Die Staumauer von 1929

Der Weg ist hier problemlos und führt über die Staumauer. Echt Wahnsinn was die hier schon vor fast hundert Jahren in die Berge gezimmert haben. Wir sinnieren dann auch genau darüber, gerade hier im Tal ist das schon extrem: Stausee, Bahn, mehrere Stromtrassen, aber wäre jetzt ein Kohlekraftwerk unten bei Meiringen besser? Wohl auch nicht…

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Die Bahn ist erst seit 2001 für Touristen herrgerichtet

Die Fahrt nach unten ist dann wieder schön aufregend. Diesmal kann ich mich durchsetzen und wir setzen uns ganz nach vorne. Wir rumpeln nach unten (mit 7kmh! Hat also nichts mit Achterbahn zu tun). Hängt man anfangs noch fast in Liegesitzposition, ändert sich das spätestens nach der Kante, dann sind die Sitze bei der größten Steigung nämlich schon leicht nach vorne geneigt. Ganz vorne schaut man quasi direkt nach unten ins Tal einige hundert Meter tiefer. Toll kann ich nur sagen.

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und weils so schön war – nochmal ein abwärts Photo mit 45°

Unten angekommen steht uns der Sinn nach Gastronomie. Dazu überqueren wir die Hängebrücke die quer durchs Tal führt (70m lang und genauso hoch). Der Wind weht dermaßen, dass Mara ans Brückengitter geweht wird. Aber kein Problem, man kann nirgendwo durchfallen und wir alle erreichen die andere Seite. Leider sind die einzigen Lebewesen die wir dort entdecken ein paar Schweine. Alle Hotels und Gastronomiebetriebe halten wohl Siesta oder Winterruhe oder was weiss ich. Naja, Geld gespart, wir wandern über die Handegg-Brücke wieder zurück und Sabine bekommt ihren Kaffee eben im Wohnmobil.

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2 x 70 m über das Tal

Das Abendziel heißt Oberaarsee. Hier führt vom Grimselpass eine kleine Straße hin und die Aussicht soll wohl grandios sein. Wir werden es nicht erfahren, denn als wir von der Gelmerbahn abfahren zieht es endgültig zu und es fängt an zu regnen. Kurz vorm Grimsel Hospiz geht der Regen dann in Graupel über.

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Schönes Wetter am Grimselpass

Brr, wir sind froh im Warmen zu sitzen. Wir biegen nach rechts zur Panoramastrasse und stehen vor einer Schranke. Mist noch geschlossen. Im strömenden Regen stellen wir uns dann auf den Parkplatz des Grimselpasses, gucken in die nasse Bergwelt und planen um. Dann fahren wir eben zum Rhonegletscher, vielleicht gibt es die tolle Gletschergrotte ja noch, in der wir vor über 10 Jahren schonmal waren.

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Am Stellplatz Rhonegletscher

Wir schrauben uns die Serpentinen runter nach Gletsch, biegen links ab und schrauben uns ebensoviele Höhenmeter wieder hoch zum Hotel Belvedere. Hier kann man wie auf einem Balkon stehen und nach Gletsch und in die Bergwelt gegenüber schauen. Die Grotte gibt’s auch noch, das machen wir dann aber morgen.

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Übernachten mit Aussicht

 

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Hotel vorm Hotel

 

Stellplatz: Parkplatz an der Gletschergrotte Rhonegletscher. 1A Aussicht ++