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Lewis – Westküste

Yes, keine Wolkensuppe am morgen, sondern weissblauer Himmel, dabei sind wir gar nicht in Bayern. Also Trage aufgesattelt und los. Der Coastal Walkway führt hier in zwei Richtungen. Nach Süden zum Blackhouse Village, nach Norden zum nächsten Strand und zum Seerosenteich. Es ist Sonntag, hier ist alles sehr kirchlich, deshalb hat alles zu, auch das Blackhouse Museum. Da gäbe es also nichts zu sehen, also wenden wir uns nach Norden.

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Wandern im Moor

Zudem ist es auch der kürzere Weg. Es geht direkt an unserem Schlafplatz los. Wir steigen einen sumpfigen Weg hoch zum Bergsattel. Dort weht ein scharfer Wind, also schnell weiter. Hoch über der Küste geht es auf und ab über geschliffene Felsen, Gras und leichten Sumpf. Bald taucht unten die nächste Bucht und ein paar versprengte Häuser auf. Auch der Seerosenteich, aber das ist eine leichte Untertreibung. Ein großer See, über und über bedeckt mit tausenden Seerosen. Ein schöner Anblick, aber dummerweise macht der Weg eine großen Schwenk um den See auf der längeren Seite zu umgehen und wir müssen auf der Straße zum Beach laufen. Dieser ist viel kleiner als unser Startplatz aber mindestens genauso schön.

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Süßwassersee

Es gibt sogar einen umzäunten Picknickplatz mit Tischen und Bänken, aber wir setzen uns lieber ins trockene(!) Gras mit Blick aufs Wasser. Ob das trockene so bleibt ist aber fraglich, denn es bewölkt sich zunehmend und als wir zum Rückweg aufbrechen nieselt es auch noch leicht. Mara, die bis auf den matschigsten Teil am Schluss, fast den ganzen Hinweg gelaufen ist, ist nun glücklicherweise müde.  So kommt sie in die Trage, Regenhaube drüber.

So sind wir deutlich schneller unterwegs, aber der Niesel hört schnell wieder auf. Auf selbem Weg geht’s zurück zum Auto.

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Truseil Stone

Da am Sonntag wohl wirklich alles hier auf der Insel zu hat beschließen wir im Anschluß ans echte Wandern noch etwas Autowandern zu machen. Wir hitten wieder the road nach Norden zum Arsch der Insel, zum ‚Butt of Lewis‘, kein Witz, das Kap heißt wirklich so. Unterwegs treffen wir noch auf den Truseil Stone, den höchsten Standing Stone Schottlands. Nunja, höchster ist ein relativer Begriff und 6m sind absolut gesehen jetzt nicht wirklich groß. Zudem ist er etwas eingeklemmt zwischen Zaun und Mauer und wirkt wie im Hinterhof abgestellt.

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Robben, sehr scheu

Die Straße nach Norden ist zweispurig, relativ gerade, wir sind also zügig am Ziel. Der Womoführer schwelgt, wir nicht ganz, der Leuchtturm ist zwar von 1862 und 52m hoch, aber nicht so richtig hübsch und die angekündigte Vogelwelt auf dem Felsen gegenüber ist eher spärlich. Aber wie hören ein röhrendes Geräusch. Aha irgendwo müssen Robben sein. Wir finden sie dann auch und machen schnell ein Beweisphoto. Aber Tochter schafft es noch nicht das Fernglas zu benutzen und so kann ich sie ihr nur in der Kamera zeigen.

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Butt of Lewis

Soweit so gut, was machen wir jetzt? Zum Übernachten hier ist es zu früh und irgendwie auch nicht  so richtig spektakulär. So ein Platz an der Küste mit Strandblick und Klippen, so wie gestern, das wäre wieder was. Also fahren wir wieder runter in den Südwesten. Dort liegt auch die einzige Brennerei der Hebriden Abhainn Dhearg, das ließe sich doch gut verbinden. Wir fahren also die Straße aus dem hohen Norden zurück und wieder fällt uns auf, was wir schon den ganzen Tag so unterbewusst bemerkt haben. Es ist total ausgestorben, ja tot, Niemand zu sehen, alles zu und verrammelt, kein Verkehr auf der Straße, man sieht noch nicht mal Lichter oder einen Fernseher irgendwo laufen.

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Scottisch Blackface

Ich überlege die halbe Strecke, wie der Film hieß, in dem nur noch ein paar Überlebende auf der Erde zurückgeblieben und sonst alle verschwunden sind. Wir sind nicht im Film und doch nicht ganz allein, ab und zu kommt nämlich ein Mietwagen entgegen. Woran erkennt man einen Mietwagen? Klein, neu und fährt langsam :). (Zu hause recherchiert: der Film hieß Quiet Earth…)
Was ist die Lösung des Rätsel der verschwundenen Erdbevölkerung? Es ist Sonntag, ich schrieb es schon. Hier oben ist man streng religiös und da darf man Sonntags nichts machen, außer in die Kirche gehen. Laut Reiseführer gehen alle mittags in die Kirche, aber da ist nichts los auf den Parkplätzen der zahlreichen Kirchen, an denen wir vorbeikommen. Aber so um kurz vor 6 ist plötzlich reger Verkehr. Aha 6 Uhr Messe, die Parkplätze der nächsten Kirchen sind rammelvoll und es eilen Menschen im Sonntagsstaat herum.

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On the road – Lewis & Harris

Wo waren wir, ach ja on the road. Kind braucht auch noch Programm, also schnell einen Spielplatz angesteuert, auch dieser ist natürlich leer. Danach ist es zu spät für Stornoway, also rauschen wir auf bekannten Pfaden nach Süden um dann zum Inselteil Uig abzubiegen. Die Strecke ist hier wieder sehr abwechslungsreich, Mondlandschaft in steinig wechselt mit Gras in grün und Wasser in grau oder blau je nach Sonne ab. Dazwischen ab und an ein gelber Sandstrand. Wir sind ja inzwischen einiges an Straßenbau in Schottland gewöhnt, aber der Übergang hier schiesst den Vogel ab. Eine bestens ausgebaute, richtig breite, 1a glatte Landstrasse, sogar mit Seitenstreifen hört urplötzlich in einer Singleroad der eher übleren Sorte auf, sprich schmal, rissig, brüchig, mit Schlaglöchern gesegnet und schwankend. Das schwankend muss ich noch etwas näher beschreiben, das gibt’s nämlich nur hier: schlechte Straßen wie man sie so kennt sind halt löchrig oder rissig oder im schlimmsten Fall nur noch Asphaltbruchstücke. Hier aber, relativ unabhängig ob man ein glattes Asphaltband oder ein Flickwerk vor sich hat, senkt sich die Straße plötzlich komplett, sodass die Federung durchschlägt oder es gibt einseitige oder am schlimmsten rechts und links abwechselnde Senkungen oder Hubbel, so das das hohe Auto wie auf hoher See schlingert und sich neigt. Magenprobe für alle Beteiligten.

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Harris & Lewis – southwest

So, nach dieser mythenmetzschen Abschweifung zurück zum Tag, der ist jetzt schnell zu Ende. Wir kommen nämlich an einem weiteren grandiosen Stellplatz mit Blick über Meer, Strand, Klippen und Schafweiden (wie gewünscht) an, laufen dann noch (wie von Tochter gewünscht) zum angrenzenden Friedhof und als es dann doch noch regnet an diesem Tag sitzen wir gemütlich im Womo und gucken raus.