Der Tag gestern endete noch gar nicht! Nacht um halb zwölf bin ich nämlich nochmal zum Steinkreis geschlichen, um Photos zu machen. Schon unheimlich, zum einen jede Menge seltsame Geräusche im Moor und dann der erhabene Kreis zuerst im Finstern, dann mit Mondlicht. Eine ganz eigene Stimmung, Geisterstunde in der 5000 Jahre alten Steinsetzung.

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Ring of Brodgar nachts um 12

Mein neues Stativ ist auf jeden Fall gut! Ich hab mir dieses geleistet (link), klein, leicht und einfach zu bedienen. Zusammen mit dem kleinen Kugelkopf ideal für meine Bedürfnisse. Im ganz Finstern wollte ich mit Lichtsetzungen arbeiten, hatte aber echt Probleme mit dem Fokussieren im Stockdunkeln, weil ich auch mit manuellem Fokus keinen Bezugspunkt hatte.

Eineinhalb Stunden später hatte ich immerhin ein paar brauchbare Fotos gemacht und war schön eingefroren. Aber die Stimmung dort oben war sensationell, wer die Gelegenheit hat: ausprobieren! Bei den Stones of Stennes wäre dies auch möglich.

Jetzt zum neuen Tag. Zu allem Übel hatte ich ja auch noch früher aufstehen angeregt. Heute stehen ein paar Ausgrabungen auf West Mainland auf unsere Wishlist. Zuerst fahren wir zur Begräbnisstätte Maeshowe. Dummerweise ist diese nur per geführter Tour zu besuchen, und die Tour ist erstens seit 10 Minuten losgelaufen und zweitens voll. Na toll, dann reservieren wir schnell für die 2 Uhr Tour und fahren kreuz und quer über die Insel. Das sollte wir übrigens heute noch ein paar Mal machen.

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Schmuck aus der Steinzeit!

Nächstes Ziel: Skara Brae. Dies ist eine steinzeitliche Siedlung, 3100BC! Nach eigener Werbung die besteerhaltenste Steinzeitsiedlung Europas. Können wir nicht beurteilen, wir kennen nicht alle, aber es ist wirklich noch viel zu sehen. Das Besucherzentrum ist hypermodern als Schwarzraum Installation, mit Touchscreen Unterstützung und brimborium. Aber uns hat das Museum des viel hemdsärmeligeren, aber auch persönlicheren Tomb of the Eagles viel besser gefallen. Auf dem Aussengelände kann man als erstes eine nachgebaute Steinzeithütte besichtigen. Sehr eindrucksvoll, man kann sich etwas in diese harten Zeiten reinversetzen.

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Die Steinzeithütte im Nachbau

Dann geht es eine kurze Strecke an der Küste entlang zur eigentlichen Ausgrabung. Schön gemacht, mit der gepflegten Grasnarbe über alten Trockenmauern. Dummerweise kann man alles quasi nur von oben anschauen und nicht reinsteigen.

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Skara Brae – Steinzeitsiedlungsreste vor schöner Kulisse

Man sieht hauptsächlich Wohnhäuser und eine Werkstatt, die alle zusammenhängen mit kleinen Durchgängen, super niedrigen Türstürzen und engen Passagen. Man muss sich immer das enorme Alter der Anlage vergegenwärtigen. Das sind hier keine Mauerreste einer mittelalterlichen Burg, sondern über 5000 Jahre alt.

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Das Steinzeithaus im Original

Wir fotographieren ein bisschen und flüchten dann vor der nächsten Reisegruppe Richtung Skaill House. Dies gehört zum Ticket dazu und war das alte Herrenhaus des hiesigen Landlords.

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Im Hintergrund Skaill House

Nett eingerichtet mit zeitgenössischen Dingen der letzen hundert Jahre. Ganz klar, mit Dunrobin Castle kann das ganze nicht mithalten, aber es hat Charme und ist ganz interessant mit netten Details, wie dem Essgeschirr von Captain Cook oder einem Geheimfach in der Bibliothek.

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Skaill House – Bibliothek mit Geheimfach

Bald erreichen wir wieder das Sonnenlicht. Richtig gelesen, Sonnenschein, den haben wir ab jetzt und zwar noch den ganzen Tag. Ohne Wolke, das Konzept Mai scheint doch noch aufzugehen. (Will man noch zum Brough of Birsay kann man übrigens hier im Visitorcenter die Tidenzeiten erfragen!)

Wir fahren noch kurz am Strand von Skaill vorbei zum Wasser tanken und nun gehts zum x-ten mal an den Steinsetzungen vorbei wieder zu Maeshowe. Es bleibt sogar noch Zeit um gemütlich zu Mittag zu essen.

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Maeshowe – Eingang zum Grab

Dann schliessen wir uns der Führung zum Grab an. Der Guide spricht leise und mit dem eigenartigen Akzent der Orkney, so dass man kaum was versteht. Die Fakten sind auch recht übersichtlich: 4700 Jahre alt, Innenraum 3x3m wahrscheinlich ein Grab, wobei dies nicht gesichert ist, da so gut wie nichts drin gefunden wurde, was auf die Nutzung schließen lässt.

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Inschriften der Wikinger im Inneren

Dafür wurden eine Menge Runen der Wikinger gefunden, die hier wohl entweder als Grabräuber oder Touristen unterwegs waren. Innen darf man keine Fotos machen, der Guide ist mir extrem unsympathisch, Mara wirds innen schnell langweilig (im Gegensatz zum Eagle Tomb, da mussten wir sie überreden rauszugehen). Also schon eindrucksvoll, aber ohne Führung würde es mir besser gefallen, die Damen sind eh schon wieder draussen im Sonnenschein.

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Der Broch of Gurness

Das Wetter hält, dann wollen wir noch ein paar Steine draufpacken, da wir eh den Explorer-Pass gelöst haben, mit dem man alle Historic Scotland Sehenswürdigkeiten auf Orkney anschauen kann. Es sind übrigens nur sechs.

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Der Broch ist umgeben von einer größeren Siedlung

Die dritte an diesem Tag ist der Broch of Gurness. Eine Siedlung aus der Eisenzeit, also ca 2000 Jahre alt. Auf Lewis und Harris hatten wir uns ja schon einen tollen Broch angeschaut, der uns an einen Nuraghen erinnerte. Dieser hier ist allerdings nicht solo wie auf den Hebriden, sondern von einem ganzen Dorf umgeben. Auch ist innen noch mehr erhalten, sodass man eine Unterteilung, Koch- und Schlafstätten erkennen kann. Auch die Häuser drumherum, mit ihren Feuerstellen, Vorratsräumchen und kleinen Eingängen sind sehr interessant.

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Auch innen ist noch einiges erhalten

Sogar Tochter, die heute eher einen schlechten Tag hat, freut sich und springt in den Ruinen herum. Sie entdeckt ein „Kinderzimmer“, eine Bank für Kinder usw. Das schöne ist, das man hier überall herumlaufen darf und reingucken darf. Nicht so rgelementiert wie die ersten zwei Steinreste heute morgen. Wir halten uns also recht lange auf, aber irgendwann treibt uns der kalte Wind ins Womo zurück. Was machen wir denn jetzt noch? Die Sonne scheint, aber der kalte Nordwind pfeift. Lösung: wir gehen auf der Südseite wandern!

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Reste der Round Kirk aus der Wikingerzeit

Also wieder ins Auto geschwungen und von der Nordküste zur Südküste von Orkney Mainland gewechselt. Gar nicht so dramatisch. Die Insel ist klein und die Strassen gut und 25 Minuten später stehen wir schon am Ausgangspunkt an der Round Kirk. Diese besteht nur noch aus einer achtel Mauer.

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Wieder ein pittoresker Friedhof

Na egal, deshalb sind wir nicht hier, sondern wir schreiten über den Friedhof zum Coastal Path. Dieser geht hart an der Küste lang, mit bestem Blick auf den schon öfter erwähnten Scapa Flow. Wie muss das hier ausgesehen haben, als hunderte Kriegsschiffe in der Bucht dümpelten?

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Wandern am Scapa Flow

Wir wissen es nicht, aber zum Glück dümpelt hier auch der Wind und wir geraten richtig ins Schwitzen wie schon seit vielen Tagen nicht mehr. Der Rückweg führt durch eine kleines Stück Wald. Soweit eigentlich nichts besonderes, doch auf dieser Insel erscheint dies wie eine Oase in der Wüste, sonst überall nur Grasland oder Heide, taucht man hier in einen Flecken andere Welt ein, genau wie in der Wüste.

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Woodland – eine Oase in der Baumlosen Weite

Auf dem Parkplatz der Round Kirk könnte man stehen, aber ohne Aussicht. Da erwarten wir uns hier besseres und fahren noch ein Stück. Es geht wieder durch Kirkwall durch und ehrlich gesagt, im Sonnenschein wirkt die Stadt noch düsterer und trister als bei Nieselregen. Uniforme, graue Vororte, graue, gleichaussehende Steinfassaden in der Innenstadt und wieder diese hässlichen mit – ich weiss nicht wie der Fachausdruck dazu ist – kleinen, schmutziggrauen Kieseln verputzten barackenähnlichen Häuser. Brrr, hier wollte ich nicht wohnen.

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Sonnenuntergang Orkneys

Wir kommen zum Strandstück der Inganess Bay, vor dem die Juanita auf Grund liegt. Sehr malerisch, und nach dem Essen will Tochter glatt noch mal wandern, sodass wir auch noch den Sonnenuntergang geniessen können, auf einem kleinen Walk durch das angrenzende Feuchtgebiet. Es gibt übrigens die letzten sauleckeren Lammkotelets vom Dorfmetzger in Dornoch, von denen wir die Hälfte eingefroren hatten. Ich glaube da müssen wir auf der Rückfahrt nochmal hin.

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Stellplatz Inganess Bay

Stellplatz: Inganess Bay, Blick auf Meer, Küste und Schiffswrack. Mülleimer +