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Duart Castle – Sitz des Clan der MacLeans

Spät stehen wir auf und erfüllen Maras Wunsch nach Spielplatz. Leider währt ihr Glück nicht lange, denn nach kurzer Zeit müssen die Mädels schon bei mir im Auto Zuflucht suchen, weil urplötzlich ein heftiger Schauer niedergeht. Tja wir sind halt in Schottland. Wenigstens lässt sich Tochter so recht einfach vom Playground loseisen und wir können uns zum Duart Castle singletracken. Das Wetter lädt nicht so richtig zum wandern ein, also Kultur. Im Reiseführer steht 5 Pfund Eintritt pro Person, das ist für englische Verhältnisse richtig moderat. Über malerische Strassen erreichen wir auch bald die trutzige Anlage. Das Wetter ändert sich wirklich alle 15 Minuten, ich muss ständig an das schottische Sprichwort denken: „You don’t like the weather?  Just wait a minute!“
Ha, auf dem Parkplatz ist noch nicht mal ein Übernachtungsverbot, wir hätten hier also doch stehen können, naja aber auf dem trockenen, draussen Wasser und drinnen keins. Auf dem Weg zum Eingang werden wir übrigens fast weggeweht, hatte ich schon ein Wort über das Wetter in Schottland verloren?

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Duart Castle – Die Küche

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Die Magd beim Spülen

Schnell sind wir drin, und ach ja, ich hatte ja ganz vergessen, wie liebevoll in Schottland solche Sehenswürdigkeiten arrangiert werden. In der alten Küche liegen die Gerätschaften und die Scones auf dem Tisch, als hätte die Magd gerade den Raum verlassen. Im Gefängnis husten die beiden letzten Gefangenen und im Obergeschoss findet sich die Magd gerade beim Spülen. Sehr schön gemacht, man bekommt einen richtig schönen Einblick.

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Detailverliebt

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Duart Castle Hauptraum – man beachte die Pferdehufe an den Kerzenleuchtern!

Im Hauptsaal ist jede Menge kurioses Zeug ausgestellt. Irgendein Vorfahr war wohl Pferdenarr und er hat aus den Hufen seiner im Krimkrieg und sontswo gefallen Pferde alles mögliche anfertigen lassen, z.b. recht schräge Kandelaber. Die Wände sind vollgehängt mit Gemäldern und Fotos der MacLeans, den Besitzern des Schlosses von 1600 bis heute. Im Ernst, zwischen pompösen Gemälden von Anno Dazumal hängen Familienfotos bis hin zu den 90ern. Das macht das ganze richtig persönlich und weniger wie ein anonymes Museum.

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Diese Treppen sind gut zu vertedigen!

Man erfährt natürlich auch sonst viel über den Clan MacLean, die anscheinend in allen möglichen Kriegen in leitenden Rängen aktiv waren. Noch lebendiger wird es, als plötzlich ein waschecht gekilteter Schotte mit zitterähnlichen Instrument erscheint und Minnesänger-ähnlich eine Story der MacLeans zum besten gibt. Sogar Mara hälts eine zeitlang auf den bereitgestellten Stühlen, obwohl sie natürlich kein Wort versteht. Aber auch wir haben unsere Mühe, die Story zu verfolgen.

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Jeder Kamin hat einen eigenen Abzug – und einen schönen Ausblick

Das Schloss wurde übrigens im 13Jh. erbaut und gehört aktuell Sir Lachlan McLean, dem 28. Clan Chef und laut Reiseführer bis vor kurzem Kammerdiener der Queen. Einen Stammbaum und ein Haufen Orden von ihm kann man übrigens auch bewundern. Ich erwähne das deshalb extra, weil er etwas später tatsächlich nochmal vorkommt.
Vom Schlossbesuch erholen wir uns im etwas unterhalb gelegenen Cafe bei Toast, Soup und Beans, also ganz klassisch english! Mit Amara besuche ich den angegliederten Souvenirshop. Dort steht ein  älterer netter Herr rum, mit Tartan Hose und geflicktem Wollpulli. Irgendwie sieht er den ganzen Portraits im Schloß ähnlich. Weil Amara sich sehr für die Stofftiere interessiert, smalltalken wir ein bisschen. Ich entdecke eine Flasche SingleMalt zwischen dem Nippes. Duart Castle steht darauf, haha ein Souvenirwhisky vom Schloß, wahrscheinlich irgendein Blend mit schickem Schloßlogo für japanische Touristen… Ich spreche den Herrn drauf an. Ich verstehe soviel, dass er den extra für das hundertjährige Gathering ausgesucht habe und das meiste verschenkt hat und die 10 Restflaschen stehen jetzt hier. Hä?

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Tobermory 18years – Signiert vom Clanchef himself

Mara ist mit ausziehbarem Tentakelspielzeug beschäftigt, so kann ich mir in Ruhe die Flasche und das Booklet anschauen. Aha, Single Malt, 50%, 18 Jahre, Tobermory Destillery, Holzkiste, das Fass wurde persönlich ausgesucht von – Achtung! – Sir Lachlan MacLean! Kammerdiener, Ritter des Thistle Ordens, tausend Orden usw. Netterweise ist auch ein Photo im Booklet, das verdächtig wie der Herr aussieht, der jetzt wieder neben mir steht und mich angrinst. Ich frag ihn dann auch ganz blöd ob er das sei, und er meint klar, habe er doch gesagt, er hat das Fass ausgesucht. Er sei zwar Schloßbesitzer, aber auch multitaskingfähig und könne auch Souvenirs verkaufen.
Klar, die Flasche muss mit! Er macht mich drauf aufmerksam, dass sie in eine Zeitung von 1912 eingewickelt sei, und von den 300 Exemplaren nur wenige verkauft würden, weil der Rest an seine Familie gegangen sei. Ich wage zu sagen, dass der Preis etwas aussserhalb meiner Reichweite sei, aber er meint ganz trocken, nächstes Jahr sei die auf ebay das doppelte Wert. Wie wahr, das glaube ich nämlich auch, aber so eine Flasche verkauft man doch nicht! Zudem er sie mir dann auch noch signiert. Schnell bezahle ich, bevor Sabine auftaucht.

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Sheep!

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Scottish Landscape

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Diese Brücke wagten wir nicht zu befahren – wir wären mit der Automitte wohl hängengeblieben

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Fionnphort

Bei schönstem Sonnenschein verlassen wir das Castle und cruisen durch schönste Glen- und Küstenlandschaft nach Fionnphort, dem Fährhafen zur Isle of Iona. Hier legte auch schon St. Columba an, der das Christentum nach Schottland brachte.

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Iona

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Wandern in den Klippen

Wir sind leider etwas spät (um Columba zu sehen wohl 1500Jahre, für die Sehenswürdigkeiten nur eine Stunde) und vermuten, das wir zu spät drüben ankommen würden, Öffnungszeiten der Abteikirche sind nämlich nicht zu erfahren. Dann gehen wir doch lieber wandern, das tun wir dann auch. Quer durch die rötlichen Klippen erst rauf und dann im schönsten Sumpf wieder runter, immer mit Blick auf die heilige Insel gegenüber.

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Mull Westcoast

Der Weg zum anvisierten Stellplatz an der Westküste ist dann nochmal wirklich spannend. Zum einen wegen der grandiosen Landschaft, die es hier wirklich wieder in sich hat. Lange fährt man dicht an der Küste, dann mitten durchs extrem einsame Hochmoor um an einer noch grandioseren Küste zu landen. Zum anderen ist die Strasse hier nur so breit wie unser Auto, man muss sich echt konzentrieren um nicht ins sumpfige Bankett abzukommen. Gar nicht so einfach, da man immer mindestens ein Auge in der Landschaft hat.
Parklätze gibt’s aber tatsächlich keine, der Führer nennt hier kurz hintereinander vier Stellplätze, von denen aber nur einer geschottert ist. Wir passieren die ersten drei und ich wage nicht dort in die Wiese zu fahren. Das Grün ist wirklich aufgeweicht, und wir würden mit unseren 3,5 Tonnen sicherlich rein kommen. Aber wieder raus?  Dort steht auch nur vereinzelt mal ein Auto mit Zelt. Wir witzeln schon, dass auf dem geschotterten sicherlich die Hölle los sein wird, biegen um die Ecke und bang, jede Menge Ford Transporter und Wohnwagen. Allerdings nicht die sauberen Camper von nebenan, sondern englische Familien mit super vielen Kindern. Jeder hat einen Generator laufen, Müll fliegt überall rum und Zeugs liegt quer verstreut. Und das in dieser wunderbaren Landschaft! Wir sind ein bisschen traurig, kein Wunder, dass bei solchen Leuten die Camping verboten Schilder überall aus dem Boden spriessen. Nunja mangels Alternativen stellen wir uns mitten rein, lieber Generatorsound als in der nassen Wiese versinken.

Stellplatz Mull Westküste, eigentlich wunderschön, für die local Camper mit Vermüllungstendenzen kann er ja nichts

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